Competitive Market Intelligence – Mit der richtigen Strategie Wettbewerbsvorteile sichern

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Ein Fachartikel von Prof. Dr. Elke Theobald und Karsten Pillukeit, erschienen in der Ausgabe 5 / 2012 des Magazins wissensmanagement: Competitive Market Intelligence – Mit der richtigen Strategie Wettbewerbsvorteile sichern

Die Globalisierung und Beschleunigung der Märkte stellt international tätige Unternehmen vor große Herausforderungen. Sie benötigen Informationen über Märkte, die sowohl Grundlagencharakter besitzen, wie etwa Marktvolumina, als auch sehr marktspezifisch sind, z.B. Markttrends oder Aktivitäten der Hauptwettbewerber. Es müssen heterogene Informationen zusammengetragen werden, die einen hohen Aktualitätsgrad besitzen. Für die Unternehmensstrategie sollten sie einen Mehrwert haben und die Grundlage für die einzigartige Positionierung basierend auf Wettbewerbsvorteilen bieten.

In vielen Märkten fehlen Standardstudien und internationale Marktdaten. Das Wissen über Märkte und Wettbewerber liegt bei vielen Unternehmen bei den Mitarbeitern implizit vor. Der Länderverantwortliche kann auf Basis seines Expertenwissens die Märkte recht gut einschätzen. Der Vertrieb weiß durch die Kundenkontakte sehr viele Details über den Wettbewerb und seine Produkte. Ähnliches gilt für den Channel Manager, der im Handel wichtige Informationen über Marktbedürfnisse und Wettbewerbsaktivitäten erhält. Auch der Produktmanager beobachtet fortlaufend länderübergreifend die Wettbewerbsprodukte und spezifischen Marketingaktivitäten. Der Austausch des Wissens geschieht über Vertriebsmeetings, parallel dazu werden Quellen wie Messekataloge und Kongressbeiträge der Wettbewerber an unterschiedlichen Stellen im Unternehmen gesammelt und ausgewertet. Der Wissensaustausch und die ganzheitliche Sicht auf alle Märkte und die weltweiten Aktivitäten der Wettbewerber sind durch die verteilten, unstrukturierten Informationen jedoch schwierig.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Unternehmenseinheiten unterschiedliche Zielsetzungen mit der Markt- und Wettbewerbsanalyse verfolgen.
Die Geschäftsleitung sieht diese Informationen als Basis für die strategische Planung und als Controlling-Instrument. Das Produktmanagement möchte aus dem Wettbewerbsvergleich Impulse für die Produktweiterentwicklung und den Marketing Mix ziehen. Die Länderverantwortlichen wollen Wettbewerbsvorteile und Argumentationslinien abbilden, um sich im Wettbewerb zu behaupten und den Vertrieb mit Hintergrundinformationen zu versorgen.

Unternehmensinterne Integration des Competitive-Intelligence(CI)-Systems

Durch fehlende Standardquellen und Studien sind gerade Ansätze zur dezentralen Informationsbeschaffung und die Möglichkeiten der internetgestützten Wettbewerbsbeobachtung sinnvoll.

Ein weltweites CI-System schafft die Grundvoraussetzung, um das implizite Wissen der Unternehmenseinheiten transparent und aktuell zu sammeln. Es erfasst entweder direkt Informationen oder spielt sie dem CI-Manager zu, der für die Strukturierung und Validierung der Daten verantwortlich ist. Zusätzlich können Websites der Wettbewerber bzw. wichtige Branchenportale auf Veränderungen überwacht und so Informationen in das System transferiert werden. Auch das eigene Unternehmen wird in dem System erfasst, um die eigene Performance mit dem Markt zu vergleichen. Damit ist eine Kernfunktion eines CI-Systems, die Sammlung der Competitive Intelligence Informationen als Basis der strategischen Situationsanalyse, gegeben.

Die zweite Funktion eines CI-Systems ist die Informationsverteilung. Daten und Informationen müssen bewertet, verdichtet und für die Verbreitung aufbereitet werden. Die Aufgabe kann automatisiert durch Standardreports gelöst werden, die für jeden Funktionsbereich online abrufbar sind und Ad-hoc-Analysen ermöglichen. Natürlich sind auch redaktionelle Beiträge, z.B. als CI-Newsletter zur Unternehmensinformation möglich. Mit Reports und dynamischen Analysemöglichkeiten schafft man eine Basis, um Markt- und Wettbewerbsanalysen regelmäßig in die Management-Entscheidungen einfließen zu lassen. Die Informationstransparenz schafft die Basis für die Strategieentwicklung und die funktionsübergreifende Kommunikation und erlaubt das Lernen von den Besten – sowohl intern als auch extern.

Impuls muss von oben kommen

Ein solches System mit Leben zu füllen gelingt nur, wenn die oberste Führungsebene Treiber und Nutzer des Systems ist. Managementunterstützung, die Verankerung der CI-Funktion in die Zielvereinbarung der Funktionsträger und Vorteile bei der alltäglichen Lösung von Fragestellungen können nachhaltig zur Mitarbeit motivieren. Durch die Schaffung eines CI-Departments wird das Thema operativ verortet und die Aktualität der Informationen sichergestellt. So werden die Funktionsträger nach der Einführung schnell merken, dass sie von dem CI-Systems profitieren und ihre Aufgabe besser erfüllen können.

Best Practice

Ein gutes Bespiel für erfolgreiche Arbeit mit einem CI-System ist das schwedische Unternehmen ESBE. Es handelt sich um einen international tätigen Produzenten von hochwertigen Ventilen und Stellmotoren, die gewährleisten, dass komplizierte Heizungs- und Kühlungssysteme energieeffizient, sicher und komfortabel funktionieren.

Ziele

Bei der Revision der ESBE Unternehmensstrategie spielt die Markt- und Wettbewerbsanalyse eine zentrale Rolle, um die Marktposition zu evaluieren und Entwicklungspotentiale zu erkennen.
Die Entscheidung, dabei eine softwarebasierte Systemlösung zur Wettbewerbsanalyse einzusetzen, war eine wichtige Richtungsentscheidung mit folgenden Zielen:

  • Abbildung komplexer Strukturen – alternative Vertriebswege, heterogene Märkte, breites Produktportfolio und variierende Einsatzgebiete.
  • Sammlung von Daten als kollaboratives Projekt durch Mitarbeiter in verschiedenen Funktionen.
  • Alternative Sichten auf einen konzernweit harmonisierten Datenbestand durch rollenbasierte Zugänge zum System.

Datenakquisition und Datenqualität

In der Wettbewerbsanalyse liegen besondere Herausforderungen darin, dass gewünschte Informationen in der Regel nicht frei verfügbar oder direkt vergleichbar sind. Teilweise müssen sie in begrenztem Maße spekulativ oder deduktiv aufgrund von Hypothesen abgeleitet werden. Einfache Verfügbarkeit, Vollständigkeit und Gewissheit  sowie die Ambition zu entscheidungsrelevantem Detailwissen sind partiell konkurrierende  Ziele.
Aus den zuvor beschriebenen Rahmenbedingungen hat ESBE folgende Vorgehensweisen als beste Verfahrensmethode abgeleitet:

  • Die Ambitionen wurden hoch angesetzt. Diese Entscheidung hat die Berücksichtigung der Zielsetzungen unterschiedlicher Abteilungen vereinfacht und ermöglichte von Anfang an einen klaren und stringenten Plan zur Systementwicklung in mehreren Phasen.
  • Um die erwartete Datenqualität in Märkten mit unterschiedlichem Reifegrad und unterschiedlicher Durchdringung zu erreichen, nimmt man in Kauf, dass unter Umständen mehr Zeit, mehrere Iterationen oder ergänzende Validierungen der Daten benötigt  werden.
  • Informationsgrundlage ist marktnahes Expertenwissen, d.h. dezentrale konzerneigene Ressourcen stehen im Vordergrund. Die Erfassungswerkzeuge sind standardisiert. Datensammlung, Qualitätskontrolle, Validierung, unterstützende Ad-hoc Research und systematische Analyse von Sekundärinformationen liegen in der Hand einer spezialisierten Wettbewerbsanalystin. Erst nach Filterung, Relevanz und Qualitätskontrolle werden Daten Nutzern und Fachabteilungen als Informationsbasis zur Verfügung gestellt.

Erwarteter Nutzen

Das laufende Strategieprojekt  profitiert von dem neuen Werkzeug:

  • Analysewerkzeuge mit sogenannten Drill-down Optionen  und Standardreports machen Komplexität leichter erfassbar. Komplexe Zusammenhänge, Stärken, Schwächen, Risiken und Möglichkeiten sind einfacher zu erkennen und zu kommunizieren.
  • Wettbewerbsinformationen haben einen deutlich höheren Stellenwert, was marktorientiertes Denken fördert. Durch die systematische Erfassung und Speicherung werden kontinuierliche Verbesserungsprozesse unterstützt.
  • Das System passt hervorragend zu ESBEs vertriebsorientierter Matrix, bei der Regionen und gebietsübergreifende Supportfunktionen an die globale Verkaufsleitung berichten. Durch unterschiedliche Blickwinkel auf den gleichen Datenbestand werden Diskussionen über Handlungsalternativen differenzierter und es können im Endeffekt bessere und akzeptierte strategische Entscheidungen erwartet werden.

 

Die Autoren

Prof. Dr. Elke Theobald hat seit 1998 die Professur für computergestützte Medien an der Hochschule Pforzheim inne. In ihrem Steinbeis-Zentrum entwickelte sie mit dem MANAGEMENT MONITOR eine Marketing-Intelligence-Lösung, die auf der Cebit 2009 als innovativstes Business-Intelligence-System ausgezeichnet wurde. Der WETTBEWERBSRADAR bietet international tätigen Unternehmen ein System für Competitive und Market Intelligence.

Karsten Pillukeit (Dipl. Kfm. MBA) ist Vice President und Globaler Marketing- und Vertriebsdirektor von ESBE. Durch langjährige Tätigkeit in marktorientierten Leitungsfunktionen und in der Unternehmensberatung u.a. in Deutschland, Österreich, Skandinavien und der Türkei besitzt er eine hohe Affinität zu Fragen der Competitive Intelligence  im internationalen Kontext.

Fachartikel geschrieben für wissensmanagement – Das Magazin für Führungskräfte: www.wissensmanagement.net