Leitfaden Wettbewerbsanalyse – Vorgehen, Methoden, Beispiele

Dieser Leitfaden Wettbewerbsanalyse führt Sie detailliert und fundiert in den Prozess der Wettbewerbsanalyse ein und erläutert Ihnen detailliert und anschaulich die wesentlichen Schritte, die Sie sicher zum Ziel führen.

Wir beginnen zunächst mit einer Übersicht, welche Aufgaben die Wettbewerbersanalyse in den Unternehmen hat, um uns danach die grundlegende Vorgehensweise bei der Wettbewerbsanalyse anzusehen.

1. Aufgaben der Wettbewerbsanalyse

Die Beobachtung und Analyse des Wettbewerbs hat häufig folgende Aufgaben in den Unternehmen:

  • Die Hauptwettbewerber sollen mit ihren Angeboten und Kompetenzen umfassend bekannt sein, damit diese in der eigenen Planung berücksichtigt werden können. Zur Lösung dieser Aufgabe werden Wettbewerberprofile erstellt sowie Stärken und Schwächenanalysen des Wettbewerbs.
  • Neue Wettbewerber müssen schnell identifiziert werden, um das Bedrohungspotenzial abzuschätzen und Überraschungen vorzubeugen.
  • Die künftigen strategischen Schritte des Wettbewerbs sollen möglichst realistisch abgeschätzt werden. Eine Bewertung der Erfolgschancen und der Folgen für das eigene Unternehmen ist in diesem Kontext eine Aufgabe.
  • Bedrohungspotenziale durch den Wettbewerb (z.B. durch Produktinnovationen, Kundenabwerbung, strategische Kooperationen) müssen in einem Frühwarnsystem frühzeitig erkannt werden.
  • Die Reaktionspotenziale des Wettbewerbs auf die eigenen geplanten Aktivitäten der Marktbearbeitung sollen realistisch eingeschätzt und in die eigenen Aktivitäten einbezogen werden können.
  • Aktuelle und künftige Chancen im Wettbewerberumfeld sollen proaktiv erkannt und genutzt werden.
  • Auf Märkten mit starken Wettbewerbsaktivitäten ist die Wettbewerbsanalyse ein zentraler Erfolgsfaktor der Marktbearbeitung. Da die Unternehmen auf internationalen Märkten oft auf zahlreiche und auch neue Wettbewerber treffen, ist gerade in diesem diversen Umfeld ein planvolles und systematisches Vorgehen wichtig.
  • Natürlich werden Wettbewerbsanalysen auch im Kontext des Business Development, bei einer Unternehmensgründung oder bei Markteintritten erstellt, um die externe Unternehmenswelt bestmöglich zu erfassen und in der strategischen Planung als ein Faktor zu berücksichtigen.

Im nächsten Schritt betrachten wir zunächst die grundlegende Vorgehensweise der Wettbewerbsanalyse, bevor die die einzelne Analysebausteine erklärt werden.

2. Grundlegende Vorgehensweise bei der Wettbewerbsanalyse – mit System erfolgreich zum Ziel

Bei der Wettbewerbsanalyse wird sehr häufig eine typische Abfolge von Analyseschritten durchgeführt, die systematisch zum Ziel führen. Nicht bei jeder Analyse muss zwangsläufig auch jeder Schritt durchgeführt werden – zum Beispiel muss nicht immer ein Benchmarking mit dem eigenen Unternehmen erfolgen oder der Wettbewerberkreis neu definiert werden.

Dennoch sollte jeder Analyst in regelmäßigen Zyklen die aufgeführten Einzelschritte wiederholen, um zum Beispiel regelmäßig den Kreis der beobachteten Wettbewerber den Marktgeschehnissen entsprechend anzupassen.

Die sieben Schritte der Wettbewerbsanalyse

1. Festlegung des strategischen Wettbewerberkreises

2. Fixierung der Fragestellung und Recherche der Datenquellen

3. Erstellung von Wettbewerberprofilen

4. Qualitatives Assessment (Erfolgsfaktoren und Strategien des Wettbewerbs, Feststellung seiner Stärken und Schwächen)

5. Vergleich und Benchmarking

6. Analyse und Bewertung der Informationen

7. Der Wettbewerbsbericht (Ergebnisse kommunizieren, Gegenstrategien entwickeln und Informationen archivieren)

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In den nachfolgenden Kapiteln werden die einzelnen Schritte der Wettbewerbsanalyse detailliert erläutert. Beginnen wir zunächst mit der Festlegung des strategischen Wettbewerberkreises.

3. Festlegung des strategischen Wettbewerberkreises

In jedem Unternehmen muss für den betreffenden Markt zunächst definiert werden, welche Wettbewerber in die Beobachtung und Analyse aufgenommen werden sollen. Die Kapazitäten für die Wettbewerbsanalyse sind häufig personell beschränkt – eine Vorauswahl der Wettbewerber ist daher notwendig, auch wenn damit bewusst bestimmte Konkurrenten aus der Betrachtung ausgeschlossen werden. Um so wichtiger ist es, die Festlegung des strategischen Wettbewerberkreises regelmäßig zu überprüfen und ggf. anzupassen.

Arten von Wettbewerber

Grundsätzlich können bei der Selektion des relevanten Wettbewerbs unterschiedliche Perspektiven eingenommen werden (siehe Abbildung Arten von Wettbewerber):

Bei den meisten Unternehmen wird die engere Wettbewerbsgruppe im Marken-Segment-Wettbewerb intuitiv in die Betrachtung aufgenommen – dies sind Wettbewerber, die den gleichen Kundenkreis mit ähnlichen Angeboten adressieren, wie zum Beispiel alle Anbieter von Luxus-PKW.

Eine erweiterte Perspektive kann auch den Produktklassen-Wettbewerb oder den Funktionsträger-Wettbewerb in den Betrachtungshorizont integrieren – diese Ausweitung kann in Zeiten sich stark wandelnder Märkte sinnvoll sein, um Chancen im erweiterten Wettbewerbsumfeld zu entdecken. Die Produktklassen-Wettbewerber bieten die gleiche Leistung an, also zum Beispiel auch PKW, aber die Produkte sind in einem anderen Marktsegment angesiedelt sind, zum Beispiel Mittelklasse-PKW.

Beim Funktionsträger-Wettbewerb geht es um die Erbringung der gleichen Grundfunktionalität, aber mit einem komplett anderen Leistungsangebot – hier wird zum Beispiel für PWK-Anbieter der öffentliche Nahverkehr zum Wettbewerber.

Die Ausweitung der Analyse auf den Generika-Wettbewerb kann dann interessant sein, wenn auf anderen Märkten Chancen durch starke Turbulenzen entstehen – bei dieser Wettbewerberkreis geht es um den Wettbewerb im Portemonnaie der Kunden, also wofür geben Kunden ihr Geld aus, anstatt es in unsere Leistungen zu investieren. So kann zum Beispiel in Krisenzeiten der Luxuskreuzfahrt der Absatz im Premium-Automobilbereich wachsen – hier kann sich die Analyse „branchenfremder“ Wettbewerbsunternehmen und Märkte lohnen, die bislang einen Teil der Ausgaben der Zielgruppe durch ihre Produktangebote realisieren konnten (also einen Share-of-Wallet der gemeinsamen Kunden hatten).

Die meisten Unternehmen fokussieren sich aufgrund der begrenzten Kapazitäten auf den Marken-Segment-Wettbewerb. Die anderen Wettbewerbstypen sind insbesondere im Business Development zur Entdeckung und Bewertung neuer Geschäftsfelder relevant.

Strategische Gruppe

(Quelle: Müller-Stewens, Lechner (2001) S. 143)

Die unmittelbaren Wettbewerber, die dem eigenen Angebot am ähnlichsten sind, werden als strategische Gruppe bezeichnet. Dies kann nur ein Subset der Wettbewerber aus dem Kreis des Marken-Segment-Wettbewerbs sein.

Selbst innerhalb der strategischen Gruppe haben nicht alle Wettbewerber dieselbe Relevanz. In Abhängigkeit von der regionalen Tätigkeit, der eingesetzten Technologie, der Größe, der Kundenmärkte und weiterer Kriterien wird eine Auswahl der näher zu betrachtenden Wettbewerber getroffen.

Die getroffene Auswahl der Wettbewerber sollte kontinuierlich überprüft werden, da Trends, neue Markteintritte oder Übernahmen die Wettbewerberlandschaft schnell verändern können.

Bildung von Wettbewerbercluster

Die Auswahl von Wettbewerbern für die Analyse kann anhand eines Kriteriensets erfolgen. Das Vorgehen der Gruppenbildung kann an dem nachfolgend dargestellten Beispiel aus der Pharmaindustrie verdeutlicht werden.

Die Marktbegleiter der Pharmaindustrie werden in dieser Clusterung nach der Anzahl der adressierten Indikationen / Krankheitsbilder und ihrem Innovationsgrad in der Forschung zunächst in vier Basisgruppen aufgeteilt. Neben diesen beiden Kriterien zur Clusterung wird bei den Unternehmen als weitere Information die Umsatzrentabilität und das Umsatzvolumen aufgeführt, um attraktive Gruppen zu erkennen (die Buchstaben stehen dabei für die Namen der Konkurrenzanbieter).

Das Unternehmen kann durch dieses Verfahren die eigene strategische Wettbewerbergruppe identifizieren, aber auch erkennen, in welche Gruppe sich das Unternehmen selbst strategisch entwickeln sollte, da zum Beispiel in Gruppe 1 und 2 die Unternehmen mit der höchsten Rentabilität sind.

Beispiel für die Clusterbildung der Wettbewerbergruppen in der Pharmaindustrie

Hilfreich ist diese Clusterbildung also auch, um Produkt- und Marktbearbeitungsstrategien von Unternehmen mit hoher Rentabilität oder mit einem großen Umsatzvolumen zu analysieren und daraus Handlungsoptionen für die eigene Marktbearbeitung abzuleiten.

Solche Analysen können mit Software wie dem WETTBEWERBSRADAR systematisch und regelmäßig durchgeführt werden.

Die Selektionskriterien für die Auswahl des Wettbewerberkreises können dabei verschiedenste Aspekte umfassen:

  • geografische Marktabdeckung,
  • bearbeitete Marktsegmente,
  • Vertikale und horizontale Integrationstiefe der Wertschöpfungskette,
  • Eigentümerstruktur,
  • Organisationsgröße,
  • Kapazitätsauslastung,
  • Kostenstruktur,
  • Vertriebskanäle und Marketingaktivitäten,
  • Markenbesitz,
  • Produktportfolio,
  • Produktqualität,
  • eingesetzte Technologie,
  • F&E Fähigkeiten.

In stark fragmentiert Märkten trifft ein Unternehmen teilweise mehrere hundert Anbieter auf einem Markt an – in diesem Fall kann eine Orientierung an den Marktanteilen helfen, das ist in vielen Unternehmen die gängige Methode. Eine Rangliste der Wettbewerber nach Marktanteilen ist eine bewährte Selektionsmethode. Anhand der Liste werden für die bedeutendsten Märkte die Top 5- oder Top 10-Mitbewerber ausgewählt und in den Kreis der Beobachtung aufgenommen.

Besondere Wettbewerbertypen

Neben den Wettbewerbern der eigenen strategischen Gruppe werden je nach Ausstattung der Marketing Intelligence-Abteilung auch sogenannte Local Heros in die Betrachtung einbezogen, also Wettbewerber, die auf einzelnen regionalen Märkten eine marktbeherrschende Stellung innehaben.

Die Analyse der Marktbegleiter kann im Zuge des Business Development außerdem um die Betrachtung von Start-ups oder potentiellen Technologiepartnern erweitert werden, die innovative und interessante Technologien entwickeln.

Ein weiteres Verfahren zur Wettbewerbsselektion stellt die „Suche nach Zwillingen“ dar: auf den Märkten bedrängen häufig die Konkurrenten ein Unternehmen am stärksten, die dem Leistungsangebot oder der Positionierung am ähnlichsten sind. Ein Selektionskriterium kann daher auch die Ähnlichkeit mit dem eigenen Angebot sein, um letztendlich den relevanten Wettbewerberkreis aus Marktsicht bzw. Kundensicht zu selektieren.

Allerdings sollte jeder Wettbewerbsanalyst neben den Hauptwettbewerbern eine Liste der innovativsten Mitbewerber führen, die regelmäßig beobachtet werden sollten. Die Innovationsführer können z. B. anhand der Neuproduktquote, der Ausgaben für F&E oder der Patentanzahl ermittelt werden. Innovatoren setzen häufig neue Impulse in der Branche und eine Überwachung dieser Konkurrenten kann als Frühwarnsystem dienen und für die Entwicklung der eigenen Angebotspalette, für strategische Partnerschaften oder Übernahmen und erweiterte Produktleistungen hilfreich sein.

4. Fixierung der Fragestellung und Festlegung der gesuchten Informationen

Nach der Festlegung des zu beobachtenden Wettbewerberkreises wollen wir im nächsten Schritt die konkrete Fragestellung der Recherche und Analyse klären. Geht es bei der Wettbewerbsanalyse darum, generelle Wettbewerbsprofile aufzubauen, damit ein regelmäßiges Benchmarking der Performance erfolgen kann oder geht es um eine einmalige Ad-hoc-Analyse der Position eines Wettbewerbers in einem konkreten Markt?  Je nach Fragestellung werden wahrscheinlich unterschiedliche Informationen relevant sein.

Im Rahmen der Wettbewerbsanalyse werden drei Informationsarten gesammelt:

  1. Stammdaten
  2. Bewegungsdaten
  3. Einschätzungsdaten

Stammdaten des Wettbewerbs

Die Stammdaten umfassen Basisinformationen über den Wettbewerb, die eine relativ hohe Stabilität besitzen, sich also seltener ändern. Dazu gehören typischerweise Informationen über

  • Besitzverhältnisse und Beteiligungen,
  • Verflechtungen mit anderen Unternehmen,
  • Konzernstrukturen,
  • Produktionsstätten,
  • Filial- und Niederlassungsstruktur,
  • Vertriebskanäle und Vertriebswege,
  • Strategische Geschäftseinheiten,
  • Informationen über die Geschäftsleitung und die leitenden Mitarbeiter,
  • Übersicht der bearbeiteten Märkte,
  • Unternehmensleitbild, Unternehmensphilosophie und Unternehmensziele.

Da diese Informationen eine längere Gültigkeitsdauer haben, sind sie teilweise einfacher zu erheben und müssen weniger oft aktualisiert werden. Bei offenlegungspflichtigen Unternehmen können diese Daten über die regelmäßig veröffentlichten Geschäftsberichte relativ gut beschafft werden, zum Beispiel in Deutschland über den Bundesanzeiger. Bei nicht offenlegungspflichtigen Unternehmen stellt die Datenrecherche dieser Basisdaten bereits eine Herausforderung dar. In diesem Fall können über die kontinuierliche Beobachtung sämtlicher Wettbewerbsinformationen, wie z. B. Berichte in der Fachpresse, Pressemitteilungen, Stellenausschreibungen sowie die Befragung von Experten und nahestehender Informanten zu bestimmten Aspekten der Wettbewerbsunternehmen Daten gewonnen werden.

Bewegungsdaten der Wettbewerber

Die Bewegungsdaten unterliegen regelmäßigeren Veränderungen und sollten kontinuierlich überwacht werden. Hierzu zählen typischerweise aktuelle Informationen über

  • Unternehmensstrategien,
  • Marktbearbeitungsstrategien,
  • Produktstrategie und Sortimentspolitik,
  • Forschungs- und Entwicklungsstrategien sowie Entwicklungsschwerpunkte,
  • Bilanzdaten und GuV,
  • Produktivitäts- und Rentabilitätskennzahlen,
  • Hauptkunden und bearbeitete Kundensegmente,
  • Abhängigkeit von Großkunden.
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Auch hier gilt: bei offenlegungspflichtigen Unternehmen ist es einfacher, einen Teil der Bewegungsdaten regelmäßig zu erheben. Bei nicht offenlegungspflichtigen Unternehmen und bei Unternehmen aus anderen Weltregionen fällt dies deutlich schwerer. Es sollten daher die bereits bei Stammdaten genannten Verfahren der kontinuierlichen Beobachtung und der Expertenbefragung eingesetzt werden.

Einschätzungsdaten zum Wettbewerb

Die letzte Klasse der Informationen über Wettbewerber sind die sogenannten Einschätzungsdaten. Obwohl im Unternehmensumfeld stets Fakten und abgesicherte Informationen bevorzugt werden, besitzen diese auch einen großen Nachteil: sie sind in der Regel vergangenheitsbezogen und daher für Zukunftsprognosen wenig aussagekräftig. Gerade die Einschätzungsdaten geben uns wichtige Hinweise auf geplante Strategien und helfen dabei, die Absichten der Konkurrenten aufzudecken und das eigene Unternehmen in eine günstige Position zu bringen.

Im Gegensatz zu den abgesicherten Fakten, die uns mitteilen was ein Unternehmen bisher erreicht hat, geben die Einschätzungsdaten mögliche Antworten auf das Wohin und das Warum der künftigen Strategie. Einschätzungsdaten beziehen sich z. B. auf folgende Themenfelder:

  • Geschätzte Marktanteile in den strategischen Geschäftseinheiten (die Anteile müssen häufig geschätzt werden, da der Segmentzuschnitt in den Geschäftsberichten nicht der Segmentierung des eigenen Unternehmens entspricht),
  • Dem Wettbewerb nahestehende Multiplikatoren, zum Beispiel Experten, Fachjournalisten, Verbandsmitarbeiter.
  • wichtige Auftraggeber und Vertriebspartner,
  • geplante Unternehmensstrategien,
  • Zukunftsmärkte und geplante Neuprodukte,
  • Forschungs- und Entwicklungsstrategie sowie Innovationen der Zukunft,
  • gewonnene und verlorene Aufträge,
  • Stärken-Schwächen-Einschätzung des Wettbewerbs.

Um hier sachdienliche Erkenntnisse zu gewinnen, müssen sehr viele Daten aus unterschiedlichsten Quellen ausgewertet werden, darüber hinaus kann auf die Erhebung von Informationen aus erster Hand nicht verzichtet werden. Hier helfen Informationen des Vertriebs über den Wettbewerb zum Beispiel aus Kundengesprächen oder von Gerüchten auf Messen und Konferenzen.

Sehr häufig werden bei Wettbewerbsanalysen diverse Sets der vorgestellten Informationsarten benötigt. Überlegen Sie für Ihre Fragestellung, welche dieser Informationen zur Beantwortung der Frage weiterhilft.

Faustregeln zur Quellenlage

Die nachfolgend aufgeführten Faustregeln zur Quellenlage können ein erster Indikator sein, um die potentiellen Quellen für die Erhebung des eigenen Marktes bzw. der relevanten Wettbewerber zu identifizieren:

  1. Regionalität befördert die Transparenz
    Je regionaler ein Unternehmen aufgestellt ist, umso größer ist die Chance, an Informationen über dieses Unternehmen zu gelangen. Durch die vielen regionalen Beziehungen z. B. zu Zulieferern, zu Kunden oder zur regionalen Presse ist die Informationsbeschaffung einfacher. Hier hilft das Screening der regionalen Presse.
  2. Dynamik
    Je dynamischer eine Branche ist, umso mehr Informationen entstehen in der Regel, über die auch berichtet werden. Da sich die Sachverhalte schnell ändern und tendenziell eher ein Informationsüberfluss besteht, ist jedoch die konkrete Bewertung der Informationsqualität schwieriger. Dies gilt zum Beispiel für die IT-Branche mit den schnellen Zyklen der Produktentwicklung. In diesen Branchen muss regelmäßig die Fachpresse gemonitort werden.
  3. Regulationsdichte
    Je höher die Regulationsdichte in einer Branche ist, umso mehr Informationen müssen von Gesetzes wegen erhoben und in Berichtsform veröffentlich werden und umso einfacher ist es in der Regel, an benötigte Informationen zu gelangen. Die gilt für das eigene Unternehmen, aber auch für die Mitbewerber und Kunden. Beispiele sind die Pharmaindustrie oder die Energiebranche. Die regulierenden Behörden veröffentlichen regelmäßig Informationen zu der Marktentwicklung und den vertriebenen Produkten.
  4. Konzentration des Marktes
    Je höher die Konzentration in einem Markt ist, umso mehr Informationen sind über die wenigen großen Unternehmen verfügbar. Zersplitterte Märkte sind durch die Vielzahl der Akteure schwerer zu überschauen.
  5. Integrationsgrad
    Je höher die vertikale Integration eines Unternehmens ist, umso schwieriger ist es, an Informationen zu gelangen, da das Unternehmen weniger Geschäftspartner benötigt. Die Menge der ausgetauschten Informationen ist somit deutlich geringer und in der Folge auch die Chance auf Informationsgewinnung durch Externe. Hier bleibt nur das kontinuierliche Screenen der Fachpresse.
  6. Finanz- und Warenströme
    Finanz- und Warenströme hinterlassen ihre Spuren z. B. in Ein-/ Ausfuhrdokumenten und in Geschäftsberichten / Bilanzen. Wo Informationen über Geld- und Warenströme fließen, können auch Informationen über Märkte und Wettbewerber gewonnen werden. So kann zum Beispiel über Einfuhrdokumente in die USA ermittelt werden, wie viele Produkte der Wettbewerber in den Markt geliefert hat.

5. Erstellung von Wettbewerber-Steckbriefen

Für die Wettbewerbsanalyse, die meist die strategischen Wettbewerber auf den wichtigsten Märkten umfasst, werden in vielen Unternehmen sog. Wettbewerberprofile (auch Wettbewerbssteckbriefe genannt) erstellt.

Die Inhalte der Wettbewerber-Steckbriefe

In den Wettbewerberprofilen werden die wichtigsten Informationen über die Wettbewerber gesammelt, strukturiert, verglichen und in ihrer Entwicklung analysiert. Die Steckbriefe haben den Vorteil dass sie die Unternehmensdaten vergleichbar machen und auf die für das Unternehmen wichtigsten Themen fokussieren. Diese Profile dienen häufig dem Top-Management als kurze und prägnante Übersicht der essentiellen Wettbewerbsdaten. Dabei ist der Informationsbedarf je nach Unternehmen und Branche unterschiedlich ausgeprägt und die Steckbriefe können daher sehr unterschiedlich ausfallen.

Diese Profile sollten optimalerweise kontinuierlich aktualisiert werden. Ein möglichst vollständiges Wettbewerbsprofil dient als Basis für weiterführende Analysen. Es ist ratsam, das Wettbewerbsprofil um die Ergebnisse weiterer, vertiefender Analysen wie z. B. einer SWOT-Analyse oder detaillierten Finanzanalyse zu erweitern.

Beispiel eines Wettbewerbersteckbriefs
Strukturiertes Wettbewerberprofil

Welche Informationen für einen Steckbrief relevant sind, hängt primär von den strategischen Fragestellungen der Wettbewerbsanalyse ab, den sog. Key Intelligence Questions (KIQ). Ein typisches Wettbewerbsprofil enthält häufig folgende Informationen:

  • Basis Facts:
    Gründungsjahr des Unternehmens, Unternehmenssitz, Heimatmarkt, Besitzverhältnisse und Beteiligungsverhältnisse, wichtige Kooperationen / Partnerschaften / Merger & Acquisition, Mitarbeiterzahlen sowie Informationen zum Top-Management. Bei den Mitarbeiterzahlen kann es interessant sein, diese nach Verwaltung, Forschung & Entwicklung, Produktion und Vertrieb zu gruppieren, um Verschiebungen und letztendlich Neuausrichtungen des Wettbewerbs zu erkennen.
  • Financial Facts:
    Gesamtumsätze, Umsätze nach Geschäftseinheiten und Ländermärkten aufgesplittet, die wichtigsten Finanzkennzahlen wie z. B. Umsätze, Renditen, Investitionen. Diese Fakten sind vor allen Dingen in der Betrachtung über mehrere Jahre aussagekräftig, da sie den grundsätzlichen Entwicklungstrend, die Wachstumsdynamik, Finanzkraft und damit das Wachstumspotential des Konkurrenten erkennen lassen. Natürlich kann sich aus der Betrachtung auch ein Verdrängungs- oder Übernahmepotential ablesen.
  • Regional Presence / Vertriebs- und Produktionsstruktur:
    Häufig wird die regionale Präsenz des Wettbewerbs mit der Produktions- und Vertriebsstruktur bei multinationalen Unternehmen für verschiedene Ländermärkte erfasst und mit derjenigen des eigenen Unternehmens und der Mitbewerber verglichen.Dabei spielt der Home Market (also der Markt, in dem das Unternehmen seinen Hauptsitz hat) immer eine besondere Rolle in der Wettbewerbsbeobachtung, da insbesondere auf dem Home Markte neue Aktivitäten erprobt werden.Die Analyse der Produktionsstandorte im Ausland kann zur Ermittlung des Wettbewerbsdrucks und des Ausschöpfungspotentials der regionalen oder internationalen Märkte herangezogen werden.
    Die Strategie der Internationalisierung sollte detailliert analysiert werden (Globalisierung/ multinationale/ internationale Ausrichtung sowie Standardisierung/Differenzierung und Wasserfallstrategie / Sprinklerstrategie).
  • Market Shares:
    Aufgrund der unterschiedlichen Marktsegmentierungen müssen Marktanteile auf Segmentebene häufig anhand geschätzter Marktgrößen und geschätzter Wettbewerbsumsätze sowie in Relation zum eigenen Umsatz ermittelt werden. Market Shares werden in fast allen Unternehmen ermittelt, um die Entwicklung über die Jahre zu verfolgen und auch eigene Marktanteilsziele aufzustellen.
  • Product / Brand Portfolio:
    Hierunter fällt die Übersicht über das Sortiment und insbesondere die Top-Produkte bzw. Neuheiten des Wettbewerbs. Werden Marken mitbetrachtet, dann sollten auch diese bei der Analyse berücksichtigt werden und ausgewiesen werden, mit welchen Marken welche Märkte bearbeitet werden.
  • Product / Market Portfolio:
    Äußerst nützlich kann eine Übersicht der je Ländermarkt vertriebenen Wettbewerbsprodukte sein, um die Produkt- und Sortimentsstrategie der Konkurrenz zu analysieren, die Marktausschöpfung in den Segmenten zu ermitteln und um neue Impulse für die eigene Marktbearbeitung zu erhalten. Mit Hilfe dieser Informationen zu den Wettbewerbsaktivitäten und -prioritäten können neue Märkte identifiziert werden, die bislang im eigenen Unternehmen noch nicht bearbeitet wurden (Outside-In-Perspektive).
  • Customer Segmentes/ Target Groups:
    Hier werden die adressierten Kundensegmente, die vermutete Kundenstruktur und wichtige Kunden (Key Accounts oder Referenzkunden) erfasst.
  • Positionierung des Wettbewerbers:
    Das Image der Mitbewerber auf den verschiedenen Märkten ist bei der Kaufentscheidung für Kunden sehr wichtig und wird gerne aus der Wettbewerber-Selbstdarstellung (oft zu finden beim „Wir über uns“ auf der Website) mit Claim und Mission Statement im Wettbewerberprofil erfasst. Zusätzlich kann die Positionierung der Wettbewerber bzw. ihrer Marken in den wichtigsten Märkten mit Hilfe von Befragungen bei Kunden erhoben werden.
  • Erkennbare Marktbearbeitung:
    Auch die Marketingaktivitäten, mit denen der Wettbewerb die Kunden anzusprechen versucht, werden für die Wettbewerbsanalyse dokumentiert und bei der Planung der eigenen Aktivitäten berücksichtigt. Die Marktbearbeitung umfasst typischerweise die Aktivitäten in der Kommunikations- und der Preispolitik, die im Zeitverlauf überwacht werden.
  • Innovationspotential des Wettbewerbs:
    Wie innovativ und anpassungsfähig ein Mitbewerber ist, zeigt sich z. B. an der Anzahl der Patente, dem kontinuierlichen Patentzuwachs und der Anzahl an Neuprodukten pro Jahr. Auch die Reaktionsgeschwindigkeit des Wettbewerbs auf Marktneuheiten des eigenen Unternehmens kann ein guter Indikator zur Einschätzung des Innovationspotentials sein.
  • Pressestimmen:
    Abgerundet wird der Wettbewerbssteckbrief mit aktuellen Nachrichten aus der Fachpresse und von den Webseiten des Wettbewerbs. Neben der Erfassung und Überwachung der Basisdaten der Wettbewerber erfolgt häufig das Monitoring der aktuellsten Nachrichten und Meldungen über die Wettbewerber mit WEBCRAWLER wie auch die Beobachtung der Internetseiten, teilweise zusätzlich angereichert durch die Informationen von Pressebeobachtungsdiensten. Mit Webcrawlern kann der Prozess der kontinuierlichen Informationsbeschaffung automatisiert werden.
  • Strategische Einschätzung des Wettbewerbs:
    Hier wird die Einschätzung zu den aktuellen Strategien des Wettbewerbers festgehalten, insbesondere das Bedrohungspotential für das eigene Geschäft.
  • In einer erweiterten Analyse können aus dem Blickwinkel der Kunden die Eigenschaften und die Preisstruktur der Wettbewerbsprodukte, deren Alleinstellungsmerkmale und das Serviceangebot erfasst und verglichen werden.

Diese grundlegenden Erkenntnisse werden im Rahmen einer Stärken-/ Schwächen-Analyse (SWOT-Analyse) verdichtet und münden in eine Einschätzung der Wettbewerbsstrategie der konkurrierenden Unternehmen.

All diese Informationen können in unserer Software WETTBEWERBSRADAR systematisch erfasst, bewertet und zur SWOT-Analyse mit einer MANAGEMENT SUMMARY verdichtet werden.

Für die Gesamtbetrachtung des Wettbewerbers kann es auch sinnvoll sein, die historische Abfolge wichtiger Ereignisse für das Wettbewerbsunternehmen zusammenzustellen, also Milestones der Firmengeschichte. Natürlich kann diese Aufstellung auch grafisch mit Produktabbildungen und Brands versehen werden.

Wichtige Entwicklungsschritte des Wettbewerbs am Beispiel des chinesischen Kranbauers ZPMC
Entwicklungsschritte

Über diese historischen Betrachtungen können Schlussfolgerungen bezüglich der Strategie der Wettbewerber gezogen werden, denn häufig folgen die Konkurrenten ähnlichen Handlungsmustern und lernen vor allem aus den eigenen Erfolgen bzw. den Erfolgen und Misserfolgen der Marktbegleiter. Diese ganzheitliche Sicht hilft bei der Einschätzung des künftigen Verhaltens wichtiger Marktpartner und der Kunden.

6. Qualitatives Wettbewerber-Assessment

Auf Basis der gesammelten Fakten wird in der Regel in der nächsten Stufe eine qualitative Bewertung des Wettbewerbers vorgenommen. Dies kann durch einen einzelnen Analysten geschehen oder die Bewertung erfolgt in einem Team mit unternehmensinternen Spezialisten, um verschiedene Perspektiven z. B. aus der Produktentwicklung, dem Produktmanagement, aus Vertrieb und Marketing in die Bewertung einfließen zu lassen.

Die Bewertung erfolgt in der Regel in folgenden Arbeitsschritten:

  1. Briefing auf Basis der aktuellen Informationslage.
  2. Bewertung der Informationen im Kontext der bisherigen Entwicklungen des Wettbewerbers über die beobachtete Zeit – z. B. Analyse der Veränderungen bei den Marktanteilen; Begutachtung der Patentanmeldungen in neuen Technologiefeldern; Auswertung der Neuprodukte und Digitalprojekte / Innovationsprojekte; Bewertung der Personalpolitik / Neueinstellungen in den letzten 12 Monaten; Verhalten des Wettbewerbs auf dem Beschaffungsmarkt; Pressemeldungen u. a.
  3. Priorisierung der Fakten bezüglich ihrer strategischen Aussagekraft.
  4. Inhaltliche Bewertung der Fakten:
  • Ist die Wettbewerbsstrategie kohärent mit den kommunizierten / vermuteten Zielen?
  • Ist die kommunizierte / vermutete Strategie plausibel mit dem Wettbewerbsverhalten? Passen die Strategien zum beobachtbaren Kompetenzaufbau und zu den Aktivitäten der Marktbearbeitung?
  1. Ableitung der Stärken und Schwächen des Wettbewerbs.
  2. Szenarien der vermuteten Strategie des Wettbewerbs und seiner zentralen Erfolgsfaktoren sowie potenzieller Chancen und Angriffspunkte für das eigene Unternehmen.
  3. Als Fazit wird das Chancen- und Risikenpotential für das eigene Unternehmen ermittelt nebst einer Betrachtung der Auswirkungen auf die eigene strategische Ausrichtung. Es wäre folgerichtig wenn nun eine Anpassung der eigenen Strategie oder Marktbearbeitung erfolgt.

Schauen wir uns noch etwas detaillierter die Stärken-/Schwächen-Analyse an:

Bei der Stärken-/ Schwächen-Analyse (siehe dazu Simon, von der Gathen (2010) S. 232) werden für die Branche relevante Kriterien des Wettbewerbsvergleichs für die Mitbewerber erfasst und bewertet. Die Kriterien der Bewertung sollten je nach Fragestellung neu zusammengestellt werden.

Die Bewertung der Stärken und Schwächen kann unternehmensintern erfolgen (durch einen Analysten oder eine Arbeitsgruppe), durch Externe (z. B. durch eine Expertenbefragung) oder durch empirische Analysen (z. B. durch die Erhebung der Stärken und Schwächen aus Kundensicht im Rahmen einer Kundenbefragung).

Die Bewertungskriterien der Analyse können unternehmensinterne Aspekte sein, wie z. B. die Effizienz interner Prozesse, das Mitarbeiter Know-how (die allerdings häufig schwieriger zu beurteilen sind) oder extern nachvollziehbare Faktoren, die einfacher zu beobachten sind (wie z. B. die Produktqualität, das Pricing, Umsatz pro Mitarbeiter und die konkreten Marketingmaßnahmen).

Die Bewertungsskalen reichen häufig von negativen in positive Bereiche, um auch die Schwächen optisch zu erfassen. Als Bewertungsmaßstab kann das eigene Unternehmen herangezogen werden – performt der Wettbewerber in einem Bewertungskriterium besser als das eigene Unternehmen, wird dies als Stärke bewertet. Eine Schwäche des Wettbewerbs zeigt die bessere Positionierung des eigenen Unternehmens.

Es ist auch möglich, die Bewertung gegen den Marktdurchschnitt als Mittelwert über alle Wettbewerber durchzuführen, indem eine Einschätzung dahingehend vorgenommen wird, inwieweit die Ausprägung des Wettbewerbers in das Mittelfeld des Marktes fällt, zu den unteren 30% der Unternehmen bei dieser Ausprägung zählt oder zu den Top 30%.

Das Ziel der Analyse ist die Veranschaulichung der Schwachstellen der Konkurrenten, um den möglichen Handlungsspielraum für das eigene Unternehmen zu identifizieren, aber auch die Untersuchung auf Bedrohungspotentiale durch die Mitbewerber. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft eine Stärken-Schwächen-Analyse, bei der neben der Einzelausprägung der Unternehmen auch der Mittelwert aller Wettbewerber sowie das eigene Unternehmen ausgewiesen werden.

Stärken-Schwächen-Analyse der Wettbewerber und des eigenen Unternehmens
Stärken-Schwächen-Analyse

7. Wettbewerbervergleich und Benchmarking

Ein Ziel der Wettbewerberanalyse kann der Vergleich oder das Benchmarking mit dem eigenen Unternehmen sein. Dabei werden die Analysekriterien für die Konkurrenzunternehmen im Vergleich zum eigenen Unternehmen bewertet, um daraus ein umfassendes Stärken-Schwächenprofil des eigenen Unternehmens vor dem Hintergrund der Wettbewerbssituation zu erstellen. Nachfolgende Abbildung zeigt beispielhaft einen Wettbewerbsvergleich – die Bewertungsfaktoren werden dabei natürlich an die jeweilige Fragestellung angepasst.

Der Vergleich kann quantitativ orientiert sein (also auf Finanzkennzahlen und Marktanteile) oder starke qualitative Komponenten beinhalten (wie zum Beispiel Analyse des Produktportfolios und der Marketingkommunikation.

Letztendlich entscheidet die Fragestellung über die Vergleichskriterien und das Vorgehen beim Vergleich. Werden diese Analysen zyklisch erstellt, ergibt sich das Potenzial, Veränderungen im Zeitablauf zu erkennen.

Diese Vergleichsanalyse kann dazu dienen, die Fähigkeiten und Kompetenzen der Konkurrenten zu bewerten und Chancen für die eigene Strategie zu entdecken.

Beispiel für die Gegenüberstellung des eigenen mit einem Konkurrenzunternehmen
Konurrenzunternehmen Vergleich

8. Analyse und Bewertung der Informationen

Um die Strategien der Mitbewerber zu analysieren, werden häufig die Analysemethoden nach Porter eingesetzt, die im Folgenden kurz vorgestellt werden. Auf Basis dieser Analysen können Wettbewerbstypen ermittelt und Konkurrentenpersönlichkeiten erstellt werden.

Wettbewerbstypen und Wettbewerbs-Persönlichkeiten

Ein Ergebnis der Analyse kann die Einschätzung von Reaktionsklassen für die Hauptwettbewerber sein. Das Reaktionsprofil des Wettbewerbs stellt eine der Schlussfolgerungen der vorangegangenen Teilanalysen dar und ordnet ihm einer Reaktionsklasse zu.

Natürlich können die identifizierten Klassen / Typen anders bezeichnet oder neue Kategorien definiert werden. Folgendes gilt in jedem Fall:

Reaktionstypen des Wettbewerbs
Reaktionstypen Wettbewerber
Quelle: Kotler, Bliemel (2001) S. 678 f.

Bei allen Wettbewerbsaktivitäten sind Tiger-Typen die gefährlichsten Kontrahenten, da hier mit schnellen und intensiven Reaktionen zu rechnen ist. Für sie muss auf jeden Fall eine Abwehrstrategie und eine Reaktion auf die geplanten Aktivitäten abgeschätzt werden, alles andere wäre bei diesem Wettbewerbertyp fahrlässig.

Ähnlich verhält es sich bei dem selektiven Wettbewerber: Hier sollte der Analyst zumindest wissen, in welchem Bereich (z. B. in welchem Markt, bei welchem Produktsegment oder bei welcher Aktivität) Reaktionen wahrscheinlich sind. Typisch sind etwa starke Reaktionen bei Angriffen auf dem Heimatmarkt oder im Kernproduktsegment bzw. bei der Hauptzielgruppe des Konkurrenzunternehmens. Natürlich kann man gerade auch diese Gebiete strategisch für einen Angriff nutzen, aber dieser sollte dann sehr gut vorbereitet und durch Präventivmaßnahmen abgesichert sein.

Überraschungen sind zwangsläufig vom unberechenbaren Wettbewerber zu erwarten. Diesen Wettbewerbertyp sollte man bei der Planung der eigenen Aktivitäten zumindest mit möglichen Reaktionsszenarien berücksichtigen.

Der zurückhaltende Wettbewerber muss bei der Planung der eigenen Aktivitäten nicht im Fokus der weiteren Überlegungen stehen – außer es gab hier in der letzten Zeit einen Eigentümer- oder Managementwechsel.

Eine tiefergehende Analyse umfasst die Erstellung eines Persönlichkeitsprofils für die Hauptakteure der Konkurrenzunternehmen. In der Competitor Personality werden Ziele und Strategievermutungen für den Wettbewerber erfasst. Aus der internen Sicht des Konkurrenten heraus können zusätzlich die unternehmensinterne Einschätzung der Branchenentwicklung und das unternehmensinterne Bild des Marktes abgebildet werden. Ergänzt wird das Profil durch eine Aufstellung der Stärken und Schwächen des Konkurrenten sowie dessen wichtigste Erfolgsfaktoren.

Neben dem Selbstbild des Unternehmens ist es wichtig, die Hauptprobleme der Konkurrenten mit zu verzeichnen. Aber auch die Erfolge der Vergangenheit spielen eine entscheidende Rolle – aus diesen lassen sich Strategiemuster für das künftige Entscheidungsverhalten ableiten. Bei all diesen Fakten sollte neben der qualitativen Bewertung auch eine Risikoeinschätzung vorgenommen werden – um die Klassifizierung der Wettbewerber (im Hinblick auf Verhalten oder Bedrohung) zu entwickeln. Eine mögliche Erweiterung des Persönlichkeitsprofil kann bspw. eine Auswertung der Entscheidungsmuster des Top-Managements darstellen.

Tabellarische Aufstellung zur Competitor Personality
Competitor Personality

Strategien und Ziele des Wettbewerbs und Strategieoptionen des eigenen Unternehmens

Um die Strategie des Wettbewerbs zu erfassen, muss der Blick über den aktuellen Marketing-Mix der Konkurrenz hinaus erweitert werden. Nach Porter (Vgl. Porter (1985) S. 26 ff.) sind bei der Wettbewerbsanalyse vier Aspekte für die Analyse der Strategie zu berücksichtigen:

  1. Was sind die aktuellen und zukünftigen Ziele des Wettbewerbers?
    Ein Verständnis für die Ziele der Konkurrenz gibt dem eigenen Unternehmen die Chance, Handlungen und Strategien des Konkurrenten vorauszuahnen und die Anzahl gefährlicher Überraschungen zu reduzieren.
  2. Welche Annahmen trifft das Konkurrenzunternehmen über sich selbst und die Branche?
    Darin spiegelt sich die Einschätzung über die gewünschte (Ziel-)Position des Wettbewerbsunternehmens und seine Vermutung über die künftige Entwicklung des gemeinsamen Marktes. Durch die Beantwortung dieser Fragen können potentielle künftige Handlungen der Mitbewerber besser abgeschätzt werden.

Diese beiden Aspekte treffen Aussagen über die Motivation des Wettbewerbs. Die Beantwortung der folgenden beiden Aspekte ermöglicht Aussagen über das aktuelle und künftige Verhalten des Konkurrenten.

  1. Mit welcher Strategie bearbeitet die Konkurrenz aktuell den Markt?
    Wenn wir uns bemühen, die Strategie der Wettbewerber zu identifizieren, haben wir die Chance, eine eigene vorteilhafte Strategie zu entwickeln, die Wettbewerbsaktivitäten Stand hält.
  2. Über welche Fähigkeiten verfügt das Konkurrenzunternehmen?
    Mit der Einschätzung der besonderen Stärken und Schwächen des Unternehmens werden potenzielle strategische Entscheidungen der Konkurrenz plausibilisiert.
Reaktionsprofil des Wettbewerbs
Reaktionsprofil des Wettbewerbs
Porter (1999) S. 88

Diese Analyse kann die Grundlage dafür bilden, das Risikopotenzials eines Wettbewerbers richtig einzuschätzen oder potenzielle Übernahmekandidaten zu identifizieren.

Betrachten wir das Zielsystem der Konkurrenzunternehmen genauer: woher können die notwendigen Informationen kommen? Die relevanten Quellen zur Ermittlung der Ziele und Strategien sind bei offenlegungspflichtigen Unternehmen häufig die Geschäftsberichte, Aussagen auf Bilanzpressekonferenzen und bei Investorengesprächen, Interviews mit der Geschäftsleitung und das kontinuierliche Beobachten der Wettbewerbsaktivitäten.

Bei nicht offenlegungspflichtigen Unternehmen stellt sich die Situation schwieriger dar: hier dient als einzige Quelle häufig nur die kontinuierliche Beobachtung des Mitbewerbers. Evtl. lassen sich jedoch einzelne Aussagen finden, die zum Beispiel über die Unternehmens- und Produktstrategie gegenüber gemeinsamen Kunden oder Lieferanten getroffen werden. Weitere Quellen können Statements in Stellenausschreibungen oder bei Konferenzpräsentationen sein.

Gerade bei Großunternehmen sollte der Fokus der Untersuchung erweitert werden. Porter weist darauf hin, dass gerade in Konzernen nicht nur das Zielsystem des Kern-Wettbewerbsunternehmen relevant ist, sondern auch die Ziele und Strategien der Konzernspitze Einfluss auf die Zielsetzung und die strategische Ausrichtung des beobachteten Unternehmens haben.

Gibt ein Konzern etwa ambitionierte Marktstellungs-/ Marktanteils- oder Renditeziele für eine spezifische strategischen Geschäftseinheiten vor, wird ein aggressiveres Marktverhalten der Unternehmenseinheiten wahrscheinlicher. Die Annahmen des Wettbewerbers über sich selbst und über die Branche ergeben sich wie auch die Zielsetzung durch die sorgfältige Analyse der Aussagen der leitenden Mitarbeiter des Unternehmens und ihrer Handlungen am Markt.

Zielsystem der Wettbewerber bei Großunternehmen / Konzernen
Ziele des Wettbewerbs
Porter (2013) S. 92

Die Analyse der Strategie sollte insbesondere die Digitalstrategie und die Innovationsstrategie betreffen. Die Betrachtung der Digitalisierungsstrategie sollte den Grad der Digitalisierung in den Bereichen der Produktinnovationen und Dienstleistungen, der internen Prozesse und in Marketing und Vertrieb umfassen.

Die strategische Betrachtung kann auch auf die Stellung der Mitbewerber in einem branchen- oder marktbezogenen Ökosystem ausgeweitet werden, um die partnerschaftlichen Verflechtungen und die Source-of-Business für die Mitbewerber zu identifizieren. Neben einer Strategieübersicht ist die Ausarbeitung einer schriftlichen Zusammenfassung in Form eines strategischen qualitativen Assessments empfehlenswert.

Bei der folgenden Strategiebetrachtung interessieren häufig folgende Fragestellungen:

  • Wie groß wird das Engagement des Wettbewerbs im gemeinsamen Markt sein?
  • Sind Expansionsbemühungen oder strategische Übernahmen des Wettbewerbs zu erwarten?
  • Ist eine Strategieänderung des Wettbewerbers in Zukunft zu erwarten?
  • Welche künftigen Schritte sind beim Konkurrenten kurz-, mittel- und langfristig erwartbar?
  • Wo sind Schwachstellen, bei denen der Wettbewerber angreifbar ist?
  • Was sind die effektivsten Gegenmaßnahmen gegen die Zukunftsstrategien des Wettbewerbs?
  • In welchen Bereichen ist nicht mit Abwehrmaßnahmen des Wettbewerbs zu rechnen?
  • Wie wahrscheinlich ist es, dass der Wettbewerber auf die eigenen Unternehmens-Aktivitäten reagieren wird?

Wettbewerbliche Strategieoptionen

Im Anschluss an die Analysen stehen für das eigene Unternehmen folgende wettbewerbsorientierten Strategieoptionen zur Wahl (Vgl. zum Gesamtkonzept Fahey (1999)):

  • Outwitting:
    Die frühzeitige Erkennung der Chancen und Risiken für das eigene Unternehmen, die sich durch die Aktivitäten des Wettbewerbers ergeben (z. B. die proaktive Übernahme der Marktanteile eines Wettbewerbers, der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einem Segment zurückzieht).
  • Outmaneuvering:
    Die Strategie hat das Ziel, dem Wettbewerber einen Schritt bei der Strategieumsetzung voraus zu sein (z. B. der Produktinnovation des Konkurrenten mit einem eigenen Produktlaunch zuvorzukommen).
  • Outperforming:
    Die Erreichung der eigenen Ziele durch die erfolgreiche Umsetzung der geplanten Strategie (z. B. durch den erfolgreichen Markteintritt in einen neuen regionalen Markt trotz der Wettbewerbspräsenz).
  • Outpacing:
    Kontinuierliche Verbesserung der eigenen Position durch Qualitätssteigerung und Kostenminimierung im Vergleich zum Wettbewerb. Der Wettbewerber ist hier der Ansporn, die eigene Leistung kontinuierlich zu verbessern.

9. Wettbewerbsbericht

Nachdem viele Fakten zur Beobachtung und Analyse der Wettbewerber vorgestellt wurden, kann ein Wettbewerbsbericht zusammengestellt werden. Die Inhalte des Berichts orientieren sich an den Kernfragen, die unternehmensintern an die Wettbewerbsanalyse gestellt werden.

Eine der Kernfragen zum Wettbewerb ist zum Beispiel häufig die Einstufung der Wettbewerber bezüglich des Bedrohungspotentials für das eigene Unternehmen und damit einhergehend die Klassifikation, ob und inwieweit der Konkurrent in ein regelmäßiges Screening aufgenommen werden sollte. Dies kann durch die Einführung von Prioritätenklassen abgebildet werden.

Bei dem Bericht der Top-Wettbewerber geht es um die Feststellung der wettbewerblichen Marktposition, sehr häufig durch die Darstellung der Marktanteile und des Produktportfolios, die Erkennung der Ziele des Wettbewerbs, seine Marktbearbeitungsstrategie, die Einschätzung der Stärken und Schwächen sowie das Führen eines Grundarchivs mit den wichtigsten Aktivitäten.

Zur Klärung dieser Kernfragen werden im Wettbewerbsbericht die einschlägigen Fakten zusammengetragen, sehr häufig jeweils für die wichtigsten Märkte in Zeitreihen der letzten 5 Jahre, um die Entwicklungen zu beobachten.

Auf Basis der Fakten kommen häufig die bereits aufgeführten Analyseverfahren zum Einsatz: Insbesondere die Ermittlung der Wettbewerbsintensität in den Märkten wird in vielen Unternehmen durchgeführt, gefolgt von Stärken-/ Schwächenanalysen zur Identifikation von Handlungsoptionen. Diese Analyse wird häufig durch eine Chancen- und Risikenanalyse oder eine vollumfängliche SWOT-Analyse ergänzt.

Ausgewählte Wettbewerber werden ausgehend von der eigenen Position in einem direkten Benchmarking detaillierter untersucht. Sehr häufig werden für die engere Wettbewerbergruppe detaillierte Analysen der Produkte, des Sortiments, des Pricings, des Serviceangebots sowie für Analysen weitere wichtige Erfolgsfaktoren durchgeführt (z.B. Patentanalyse, Vertriebsanalyse, Technologieanalyse). Für die Ausrichtung der eigenen Kommunikation können diese Basisanalysen durch Positionierungsanalysen ergänzt werden.

Markt und Wettbewerb sind in der Analyse und Beobachtung eng miteinander verwoben. Daher ist es sinnvoll, ein Vorgehensmodell für eine kombinierte Markt- und Wettbewerbsanalyse zu entwickeln. Im nachfolgenden Kapitel wird ein solches Vorgehensmodell vorgestellt.

10. Arbeitsschritte einer integrierten Markt- und Wettbewerbsanalyse

Die Analyseschritte der Marktanalyse und Wettbewerbsanalyse werden wesentlich von den Leitfragen der Analyse determiniert – oberstes Ziel der Analyse ist die möglichst effiziente und korrekte Beantwortung dieser Schlüsselfragen.

Nachfolgende Abbildung zeigt eine sinnvolle Abfolge der einzelnen Arbeitsschritte bei der erstmaligen Erstellung einer integrierten Markt- und Wettbewerbsanalyse.

In der Regel beginnt jede Analyse mit der genauen Eingrenzung des Analysegegenstandes, im Beispiel also mit der möglichst genauen sachlichen, räumlichen, zeitlichen oder zielgruppenbezogenen Abgrenzung des zu betrachtenden Marktes. Ein erfahrener und langjähriger Analyst wird sich bei einem bekannten Markt nicht mehr mit der grundlegenden Definition des Marktes aufhalten, sondern direkt in Stufe 2, der Zusammenstellung der Informationsbasis, einsteigen.

Analyseschritte einer integrierten Marktanalyse und Wettbewerbsanalyse
Analyseschritte

Auf Basis der gesammelten Daten werden die Analysen Marktes durchgeführt. Sehr häufig wird im Rahmen von Markt- und Wettbewerbsanalysen eine Marktpotentialanalyse zur Bestimmung der noch nicht geschöpften wirtschaftlichen Möglichkeiten vorgenommen und über Szenarioanalysen werden potenzielle Marktentwicklungen simuliert. Für die vergleichende Bewertung verschiedener Märkte kommt die Marktattraktivitätsanalyse zum Einsatz. Sollen spezifische Fragestellungen ausschließlich zum Wettbewerb beantwortet werden, folgen natürlich im Wesentlichen wettbewerbsorientierte Analyseaufgaben.

Bei der Betrachtung der Wettbewerber stehen neben dem marktspezifischen Angebot die Marktbearbeitungsstrategien, die Marktanteile und die Positionierung im Fokus. Natürlich müssen diese Fakten auch für das eigene Unternehmen evaluiert werden, um im nächsten Schritt die Strategien entwickeln zu können.

In der folgenden Strategiephase können mögliche Markteintrittsstrategien zur Bearbeitung eines neuen Marktes evaluiert werden. Handelt es sich um einen bereits bearbeiteten Markt, steht an dieser Stelle häufig die Analyse möglicher Marktwachstumsstrategien.

Die Ergebnisse der Analyse müssen im letzten Schritt zu Kommunikationsprodukten entwickelt werden, indem ein Executive Briefing für das Top Management oder ein Marktreport erstellt wird.

Nachdem die Analyse des Wettbewerbs vorgestellt wurde, sollte im nächsten Schritt das wettbewerbliche Leistungsangebot (Produkte, Services) einer genaueren Überprüfung unterzogen werden.

11. Softwareunterstützung bei der Wettbewerbsanalyse

Softwareprodukte wie das WETTBEWERBSRADAR des MANAGEMENT MONITOR ermöglichen es Unternehmen, eine unternehmensweite Wissensbasis für Wettbewerber und Märkte im Unternehmen aufzubauen.

Wettbewerbsinformationen werden aus unterschiedlichsten Quellen strukturiert zusammengeführt und stehen für alle Kollegen zur Analyse zur Verfügung. Die Software unterstützt bei allen vorgestellten Analyseschritten und der Erstellung der Wettbewerberprofile, der Wettbewerbsreports, der CI-Newsletter , indem Daten möglichst automatisiert in das System importiert werden und Wettbewerbernews vom WEBCRAWLER aus dem Internet gecrawlt werden.

Lesen Sie mehr darüber, wie Sie mit dem WETTBEWERBSRADAR Ihre Prozesse in der Wettbewerbsbeobachtung und Wettbewerbsanalyse effizienter gestalten können.