Leitfaden Marktanalyse – Teil 2: Qualitatives Marktprofil, Branchenanalyse, Marktattraktivität

Qualitatives Marktprofil, Branchenanalyse, Marktattraktivität

Im Leitfaden Marktanalyse führen wir Sie detailliert durch die Schritte und Methoden der Marktanalyse.

  • In Teil 1 führen wir Sie in das quantitative Marktprofil ein mit Methoden zur Bestimmung des Marktvolumens, der Marktprognose und der wettbewerblichen Marktanteile.
  • Teil 2 wird sich mit dem qualitativen Marktprofil und der Branchenanalyse beschäftigen sowie mit erweiterten Analysemethoden zur Feststellung der Marktattraktivität.

1. Inhalte eines qualitativen Marktprofils

Neben der quantitativen Erfassung der Marktvolumina wird häufig auch die qualitative Betrachtung der Marktkräfte, der Markttrends und Marktentwicklungen für die ganzheitliche Marktbewertung benötigt.

Kern der qualitativen Analyse ist die Erfassung der wesentlichen Charakteristika und der bereits erkennbaren Zukunftsentwicklungen eines Marktes. Dabei interessieren Antworten auf ff. Fragestellungen: Welche Marktpartner nehmen Einfluss auf die Marktentwicklung und wie agieren diese? Wie verhalten sich die Abnehmer und die Mitbewerber auf dem Markt? Was sind die wesentlichen Erfolgfaktoren in dem Markt und wie verändern sich diese?

In der qualitativen Analyse geht es neben der Identifikation von Markttreibern und Marktbarrieren um das Erkennen der Bewegungsrichtung des Marktes, also die Identifikation der wichtigsten Markttrends.

Sehr häufig wird zur Analyse der marktbestimmenden Faktoren das Modell von Michael E. Porter verwendet. Bei diesem Modell der Marktkräfte werden die marktbestimmenden Faktoren

  • Wettbewerber
  • Substitute
  • Abnehmer
  • Handelskanäle
  • Lieferanten und die
  • Makroumwelt

betrachtet. Je nach Markt haben die einzelnen Faktoren einen unterschiedlich starken Einfluss. So kann ein Markt, für dessen Herstellungsprozesse seltene Rohstoffe zwingend notwendig sind, stärker von Lieferanten beeinflusst sein, als ein Markt, in dem ein Überangebot an Rohstoffen besteht.

Analog verhält es sich auch mit den übrigen Faktoren, bei denen auch nationale / regionale Besonderheiten eine große Rolle spielen können. Zur Festlegung der marktbestimmenden Faktoren zählt sehr häufig auch Branchen- und Technologieanalyse: Wie hat sich der Einsatz unterschiedlicher Produkt- / Produktionstechnologien oder Dienstleistungen in dem Markt in den letzten Jahren entwickelt? Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf den Markt und auf den Absatz? Wie verändern sich die Marktkräfte und die Bedürfnisse der Abnehmer?

Keine qualitative Marktanalyse ohne die Beschreibung der Zielgruppen und Stakeholder!

In fast jeder Marktanalyse ist die qualitative und quantitative Beschreibung der Zielgruppenstruktur ein essentieller Teil der 360-Grad-Marketing Intelligence. Dabei werden die Bedürfnisse, Anwendungsgebiete, Persona-Beschreibungen, die Preisbereitschaft, die Mediennutzung sowie strukturelle Fakten der Zielgruppen erfasst.

Neben diesen grundlegenden Fragen mit Fokus auf den Absatzmarkt kann es für die qualitative Analyse auch erforderlich sein, weitere Key Player des Marktes wie z. B. wichtige Meinungsführer, Distributionskanäle, Regulierungsbehörden oder Medien zu berücksichtigen.

Wie man erahnen kann, erfordert die Sammlung der Informationen und die Beantwortung dieser Fragen viel Expertenwissen – daher werden für die Informationsgewinnung häufig die qualitativen Einschätzungen von erfahrenen Branchenexperten intern oder extern hinzugezogen oder Zielgruppeninterviews durchgeführt.

Die qualitative Analyse schließt in der Regel mit der Bewertung der Chancen, Risiken und Zukunftspotenziale des Marktes ab.

1.2 Marktbestimmende Faktoren

Die zentrale Frage bei der Beobachtung marktbestimmender Faktoren ist, welche Akteure und Strukturen den größten Einfluss haben und wie sich diese in Zukunft verändern werden. Welche Faktoren marktbestimmend sind, ist dabei je Markt, Segment und Industrie höchst unterschiedlich.

Zunächst sollten die wichtigsten Einflussfaktoren der Makroumwelt betrachtet werden, um festzustellen, ob diese eine Relevanz für den eigenen Markt haben. Hier hilft z. B. der Einsatz der PEST-Analyse. In der erweiterten Variante (PESTEL-Analyse) kommt die Betrachtung der rechtlichen und ökologischen Einflussfaktoren hinzu, die eine immer stärkere Bedeutung erhalten.

Die Betrachtung konzentriert sich hierbei auf die (wahrscheinlichen) Entwicklungen der Faktoren und die Auswirkungen der Veränderungen auf das eigene Unternehmen und den bearbeiteten Markt. Dazu erfolgt in der Regel eine vertiefende Analyse der spezifischen Markt- bzw. Branchenkräfte nach Porter. Hier helfen zunächst die Dimensionen von Porter mit den Ebenen Wettbewerb (aktuelle und neue Wettbewerber), Lieferanten, Kunden, Komplementäre und Substitute, grundlegende Marktpartner nicht zu übersehen. Je nach Branche müssen diese Untersuchungsobjekte um weitere wichtige Markttreiber erweitert werden, zum Beispiel um eine Technologieanalyse oder die Analyse wichtiger Stakeholder wie NGOs.

In den nachfolgenden Kapiteln werden beide Analyseverfahren sowie weitere gängige Marktanalysen ausführlicher vorgestellt.

2. Analyse und Bewertung der Informationen

Nach der Faktensammlung folgt die Analysephase, also die Bewertung der Fakten mit Blick auf die Ausgangsfragestellung). Je nach Aufgabenstellung kommen unterschiedliche Analyseninstrumente zum Einsatz. Entscheidend bei der Marktanalyse ist die regelmäßig wiederkehrende Durchführung (idealerweise im Rahmen eines unternehmensweit implementierten Prozesses). Durch die kontinuierliche Durchführung zeigen sich Trends und Veränderungen deutlich und das Unternehmen gewinnt Erfahrungen mit der prognostischen Qualität der Analyseverfahren.

Nach der Sichtung aller Informationen erfolgt eine qualitative Bewertung der Chancen und Risiken auf dem Markt und der Handlungsoptionen für das eigene Unternehmen. In der Regel kommt hier die SWOT-Analyse zur ganzheitlichen Bewertung zum Einsatz.

Weiterführende Analysen priorisieren und bewerten die Märkte zum Beispiel durch eine Klassifizierung in A-, B- oder C-Märkte oder durch eine vergleichende Ermittlung der Marktattraktivitäte. Der Einsatz von Portfolio-Analysen ist auch bei Marktbewertungen verbreitet und kann sehr gut bei der Visualisierung unterstützen.

Die gängigen Analyseverfahren sind nachfolgend zusammengestellt.

2.1 Bewertung der Marktattraktivität

“There is a segment in every market, but not necessarily a market in every segment.”

(Putsis (2014)

Die Informationen, die zur Bewertung der Marktattraktivität herangezogen werden können, werden durch die Wachstumsfaktoren des Marktes und des eigenen Unternehmens bestimmt. Gerne genutzte Methoden zur Bestimmung attraktiver Segmente sind Portfolio-Modelle wie die BCG-Matrix, die Unternehmen, Produktgruppen oder Segmente nach den Dimensionen Marktwachstums und Rentabilität einordnet. In diesem einfachen Matrixmodell werden mit der Rentabilität (interner Faktor) und dem Marktwachstum (externer Faktor) zwei unabhängige Variablen in Beziehung gesetzt.

Portfolio Marktgröße / Marktwachstum

Das in der Abbildung dargestellte Portfolio-Modell bestimmt die Attraktivität von Marktsegmenten über die Betrachtung der Faktoren Marktgröße, erwartete Wachstumsrate des Marktes, eigener Marktanteil und Wachstumspotential für das eigene Unternehmen. Die letztendliche Bewertung der Attraktivität ergibt sich hier aus den Wachstumschancen für das Umsatzwachstum des eigenen Unternehmens. Bei dieser Modellierung zeigt sich, dass nicht nur die Wachstumsraten eines Marktes eine Rolle spielen, sondern auch die grundsätzliche Marktgröße und der Marktanteil einen enormen Einfluss auf die Bewertung der Marktattraktivität für ein Unternehmen haben.

Bestimmung Marktattraktivität über Marktgröße und Wachstumsrate
Quelle: Chiu, Tavella (2008) S. 83
Online, kostenfrei

Webseminar Wettbewerbsanalyse Marktanalyse

Mehrfaktorenmodelle

In einem Mehrfaktorenmodell können weitere Faktoren zur Bewertung der Marktattraktivität herangezogen werden. So spielen für die Bewertung der Attraktivität je nach Markt und Branche unterschiedliche Faktoren eine Rolle:

  • Die Preiselastizität zeigt den Spielraum in der Preispolitik auf und kann durch Referenzprodukte für unterschiedliche Märkte bestimmt werden.
  • Das technologische Niveau des Marktes und das Innovationspotential kann durch die durchschnittliche Dauer bestimmt werden, bis eine technologische Neuerung den Markt durchdringt bzw. die Zeitdauer, in der Produkte vom Markt verschwinden. Der Innovationsdruck kann durch die Anzahl der Neuprodukte pro Jahr auf einem Markt ermittelt werden oder durch die Marktanteile der Produktinnovationen.
  • Die Investitionsintensität der Marktteilnehmer bedingt einen hohen Investitionsdruck auf alle Marktbegleiter und verschlechtert die Marktattraktivität.
  • Die Wettbewerbsintensität kann durch die Anzahl der Wettbewerber und die Summe der Markanteile der Hauptwettbewerber festgestellt werden.
  • Der Druck durch Substitute kann durch die Marktanteile der Substitutsangebote ermittelt werden.

Diese Faktoren können in Form von Kennzahlen zu einem Marktattraktivitätsindex berechnet werden, womit der Vergleich verschiedener Märkte oder Marktsegmente möglich wird. Neben diesen quantitativen Ermittlungen sollte die Marktbewertung durch qualitative Einschätzungen ergänzt werden.

In dem in der Abbildung dargestellten Mehrfaktorenmodell sind die Determinanten zur Bestimmung der Marktattraktivität

  • die Wettbewerbsintensität,
  • das erzielbare Preisniveau,
  • der Status des Marktes im Marktlebenszyklus,
  • der Grad der Marktausschöpfung und
  • der eigene Marktanteil.

Auf Basis dieser Analyse kann im Unternehmen eine fundierte Diskussion der verschiedenen Marktbearbeitungsoptionen für die Märkte erfolgen. So scheint im deutschen Markt bei geringer Wettbewerbsintensität und einer ausbaubaren Marktausschöpfung noch ein gutes Wachstumspotential bei einem zufriedenstellenden Preisniveau erzielbar. Ein weiteres Modell zur Bestimmung der Marktattraktivität stammt von Baaken und wird später vorgestellt.

Mehrfaktorenmodell der Marktattraktivität / Vergleich von 3 Ländermärkten über die Faktoren Wettbewerbsintensität, Marktanteil, Marktausschöpfung, Marktlebenszyklus und Preisniveau.

2.2 PEST(EL) – die Umfeldanalyse

Die PEST(EL)-Analyse zählt wohl zu den bekanntesten strategischen Tools. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, das Unternehmensumfeld im Hinblick auf spezifische Marktgegebenheiten, mögliche Entwicklungen sowie ihren Auswirkungen auf den eigenen Markt zu beschreiben und fundierte Entscheidungsgrundlagen für das Management zu schaffen.

Da das Makroumfeld einen erheblichen Einfluss auf die Möglichkeiten der Strategiedurchsetzung eines Unternehmens auf den Märkten hat, darf bei einer sorgfältigen Marktanalyse die PESTEL-Analyse nicht fehlen.

Das Akronym PEST steht für die politischen (Political), wirtschaftlichen (Economic), soziokulturellen (Social) und technologischen (Technological) Einflussfaktoren. In der erweiterten PESTEL-Variante kommen ökologisch-geografische (Environmental) sowie rechtliche (Legal) Faktoren hinzu, die auf Märkte und Marktteilnehmer einwirken und einen großen Einfluss auf die Markterschließung und Marktbearbeitung haben. Die Analyse wird auch STEEP-Analyse genannt. Für diese wichtige Analyse haben wir einen umfangreichen eigenen Leitfaden entwickelt. Lesen Sie im Whitepaper PESTLE-Analyse über die Details dieser makroökonomischen Umfeldanalyse.

Wir wollen hier im Leitfaden nur die Analysemethoden aus den Erkenntnissen der PESTLE-Analyse besprechen. Bei der Anwendung der PEST(EL)-Analyse sollten nur diejenigen Einflussfaktoren untersucht werden, die auch einen Einfluss auf den Zielmarkt haben bzw. Relevanz für das Unternehmen und seine Strategie besitzen. Vor diesem Hintergrund haben viele Unternehmen ein Set an wichtigen KPI zur Bewertung und Beobachtung des Umfelds zusammengestellt. Wie eine PESTEL-Analyse aussehen kann, zeigt nachfolgende Abbildung.

Qualitative PEST-Analyse Chile und Mexiko 2016
eigene Darstellung

2.3 Driving Forces Analysis

Die Einflussfaktoren können mit Scores (= Punktebewertung) für Einflussstärke und -Eintrittswahrscheinlichkeit für den eigenen Markt bewertet werden. Es geht letztendlich um die Abschätzung, ob und inwieweit aus diesen Faktoren Chancen oder Risiken für das eigene Unternehmen erwachsen können und wie wahrscheinlich der Eintritt dieser für den eigenen Markt sein wird.

Um die größten Markttreiber und die gefährlichsten Risiken zu identifizieren und den Fokus der strategischen Planung auf die kritischen Einflussfaktoren legen zu können, eignet sich die Driving Forces Analysis. Dabei werden die erwarteten Veränderungen hinsichtlich ihrer Bedeutung für Marktveränderungen und der Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet und in einer Matrix abgetragen. Als Ergebnis der Analyse werden vor allen Dingen die kritischen Einflussfaktoren einer vertieften Analyse unterzogen (Importance high / Uncertainty high). Sie besitzen für Marktveränderungen und das Unternehmen eine große Bedeutung, sind aber in ihrer Entwicklung noch unsicher – ihr mögliches Eintreten muss in der Entwicklung der Strategie einkalkuliert werden. Faktoren, die eine große Bedeutung haben und deren Eintritt bereits sehr wahrscheinlich ist (Importance high / Uncertainty low), müssen natürlich auf jedem Fall in der Unternehmensstrategie Berücksichtigung finden.

Bewertung der Einflussfaktoren / Driving Forces Analysis

2.4 Zeitreihenanalyse der Marktkennzahlen

Neben der Bewertung der Einflussfaktoren in der Driving Forces Analysis steht die Entwicklung der wichtigsten Indikatoren in Form einer Zeitreihenanalyse im Zentrum der Betrachtung. Dabei werden im Bereich der wirtschaftlichen Prognose (Economic Outlook) die Daten aus mehreren öffentlichen Quellen in einem Multi-Sourcing-Ansatz ganzheitlich visualisiert und analysiert.

In dem in der Abbildung skizzierten Beispiel werden für den chilenischen Markt der Anteil der verschiedenen Sektoren an der Wirtschaftsleistung (GDP by sector, Quelle CIA Factbook), das erwartete Wirtschaftswachstum (Growth forecast, Quelle GTAI) und die bisherige Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts quartalsweise (GDP quarterly, Quelle OECD) in einem Market Snapshot zusammengefasst. In dieser Gesamtschau der aktuellen Situation, der Vergangenheitswerte und der Zukunftsprognosen kann der Analyst eine Bewertung der ökonomischen Situation des Marktes vornehmen, natürlich auch unter Einbeziehung der weiteren Markteinflussfaktoren der PESTLE-Analyse.

Viele der für die Analyse benötigten Daten können aus öffentlichen Datenquellen wie z. B. der Datenbank des International Monetary Funds im benötigten Detailierungsgrad entnommen werden.

Entdeckung von Marktchancen durch die Inside-Out-Analyse von Marktsegmenten und Leistungsangeboten auf den Märkten.

3. Branchenanalyse

Die Branchenanalyse hat das Ziel, den Status-quo der Marktakteure in der Branche und ihr Verhältnis zueinander zu erfassen und in der Weiterführung die mögliche zukünftige Branchenstruktur in Szenarien bzw. Prognosen zu beschreiben.

Hierbei kann die Analyse der Wertschöpfungskette der Branche ein Teil der Branchenanalyse darstellen (also das Zusammenspiel zwischen Hersteller, Lieferanten, Vertriebspartnern, Kunden), aber auch die Analyse von Technologietrends. In dieser Analysestufe können auch die Markttrends für den eigenen Markt ermittelt werden. Die Trendanalyse wird qualitativ durchgeführt und es werden Fakten wie zum Beispiel neue Technologien auf dem Markt, neue Absatzmittler, Verschiebungen von Marktanteilen zwischen verschiedenen Technologien, Neuprodukte, neue Anwendungsgebiete, neue Produktionstechnologien, verändertes Kundenverhalten und ähnliche Faktoren beschrieben. Das am häufigsten eingesetzte Modell zur Branchenanalyse ist das Modell der Marktkräfte („5 Forces“) nach Michael E. Porter, das im nächsten Abschnitt vorgestellt wird. Danach betrachten wir eine Weiterentwicklung dieses Ansatzes, unter anderem das Marktframework nach Baaken.

3.1 Die Branchenanalyse nach Porter

Nach Porter kann eine Branche anhand ihrer Struktur und verschiedener Dimensionen beurteilt werden. Das bekannte Analysemodell basiert auf 5 Marktkräften (Vgl. Porter (2008) S. 79-93).

Basismodell der Analyse nach Porter

Wettbewerb: Intensität der Konkurrenz und Rivalität unter den Wettbewerbern

Die Intensität des Wettbewerbs hat einen zentralen Einfluss auf das Marktgeschehen (wie die zentrale Position in dem Schema in der Abbildung verdeutlicht). Je ähnlicher die Produkte der Konkurrenten innerhalb einer Branche sind, umso größer ist der Wettbewerbsdruck, die geringe Differenzierung führt zu einem hart umkämpften Markt. Begrenzt haltbare Produkte oder Dienstleistungen führen ebenso zu einem verschärften Wettbewerb. Der Wettbewerbsgrad kann über die Größe und die Anzahl der aktiven Wettbewerber auf dem Markt ausgedrückt werden, häufig wird der Wettbewerbsgrad über den kumulierten Marktanteil der größten Konkurrenten auf dem Markt bestimmt.

Ein geringes Marktwachstum, sinkende Margen oder eine Stagnation des Marktvolumens führen bei einem hohen Wettbewerbsdruck zu einer Intensivierung der Rivalitäten und einem Kampf um Marktanteile. Marktanteile können teilweise nur noch auf Kosten der Konkurrenz gewonnen werden, da kaum anderes Wachstumspotential am Markt vorhanden ist. Diese Situation gibt es auf gesättigten Märkten, also zum Beispiel auf dem Markt der Lebensmittelindustrie in den Industrienationen oder bei reifen technologischen Produkten wie zum Beispiel in der Automobilindustrie. Auch treten solche Situationen dann auf, wenn sich neue Technologien in einem Markt durchsetzen (disruptive Innovationen) – die verbleibenden Konkurrenten mit der „alten“ Technologie liefern sich in dieser Situation einen harten Überlebens- und oft auch Preiskampf (Vgl. Christensen (2011)).

Der Wettbewerbsdruck ist dabei in den Branchen höher, die zur Leistungserbringung hohe Fixkosten benötigen und die Kapazitäten nur in großen Stückzahlen ausbauen können. Durch den dadurch entstehenden Renditedruck und die Überproduktion geraten die Märkte schneller unter Druck und Investitionen müssen wohlüberlegt sein. Gerade hohe Kosten für Bau und Betrieb von Produktionsstätten können große Marktaustrittsbarrieren darstellen, die den Wettbewerb wesentlich intensivieren, da die eigenen Investitionen geschützt werden sollen.

Im Rahmen der Branchenanalyse sollten für die Dimension des Wettbewerbs folgende Fakten zusammengestellt werden:

  • Anzahl und Größe des Wettbewerbs / kumulierte Marktanteile der größten Konkurrenten,
  • Marktvolumen und Marktdynamik (Veränderung des Marktvolumens im Zeitverlauf),
  • Marktvolumen, Marktanteile der Substitute und Innovationen im Zeitverlauf,
  • bisher nicht geschöpftes Marktpotential,
  • Potenzial disruptiver Innovationen,
  • Fixkostenanteil der Leistungserbringung,
  • Größenskalen des Kapazitätsaufbaus.

Neue Konkurrenten: Zugangsbarrieren und das Risiko neuer Marktakteure

Je höher die Zugangsbarrieren in einen Markt sind, umso schwerer haben es neue Anbieter, mit neuen Produkten in diesen Markt einzudringen. Dabei gilt die Grundregel: Je profitabler und größer der Markt ist, umso wahrscheinlicher sind Überlegungen neuer Konkurrenten, in diese Märkte einzutreten. Dabei gelten Renditestärke, großes Marktwachstum und großes Marktpotential als Indikatoren für die Bedrohung durch neue Mitbewerber.

Die neuen Wettbewerber können bereits bekannte Branchenbegleiter sein, die die gleiche Technologie anbieten und mit denen das eigene Unternehmen teilweise schon in anderen Märkten in Konkurrenz steht. Es können aber auch Newcomer sein, die über Innovationen in der Technologie, durch strategische Übernahmen oder durch eine Ausweitung der strategischen Geschäftseinheiten neu in den Markt eintreten möchten.

Barrieren für den Markteintritt können dabei die Economics of Scale sein: Wenn ein Markt nur in Geschäftsmodellen der Massenherstellung attraktiv ist, da nur dann eine wettbewerbsorientierte Preisgestaltung möglich ist, kann dieser Skaleneffekt zur Abschreckung der neuen Mitbewerber führen – müssen doch entsprechende Investitionen in einem noch unbekannten Marktumfeld im Vorfeld vorgenommen werden – dies kann zu einer hohen Risikoeinschätzung und einer Entscheidung gegen den Markteintritt führen. Die Massenherstellung hat auch den Effekt, dass der Neueintritt eines Unternehmens das Angebotsvolumen so wesentlich beeinflusst, dass Preise und Renditen sinken werden – dadurch wird der Markteintritt für den Newcomer unattraktiver. Ähnliches gilt, wenn der Markt bereits gereift ist und die Konkurrenz eine starke Wettbewerbsposition aufgebaut hat. Die etablierten Unternehmen konnten umfangreiche Maßnahmen zur Differenzierung der eigenen Produkte durchführen und über Markenbildung und Kundenbindungen einen Wettbewerbsvorsprung aufbauen, der nicht mehr aufholbar ist.

Eine wesentliche Eintrittsbarriere können die Vertriebskanäle sein. Ohne den Zugang zu den Vertriebskanälen ist in vielen Branchen keine Marktpräsenz möglich. Haben es die etablierten Wettbewerber geschafft, hier sehr gute Beziehungen und Bindungen aufzubauen, bleibt einem neuen Wettbewerber nur das Ausweichen auf bisher in der Branche nicht genutzte Vertriebskanäle wie zum Beispiel den Direktvertrieb oder den Online-Handel.

Für die Analyse der Dimension „neue Wettbewerber“ sollten folgende Fakten erfasst werden:

  • Neuer Wettbewerber auf dem Markt,
  • Markteintrittsbarrieren, insbesondere Economics of Scale, Kostennachteile z. B. durch Erfahrungswissen, Produktdifferenzierung / Servicedifferenzierung, Kapitalbedarf, Zugang zu Vertriebskanälen, regulatorische Vorgaben, Homogenität der Kunden, Wechselkosten der Kunden.

Verhandlungsmacht der Zulieferer

Die Macht der Zulieferer wächst mit ihrer Konzentration. Besitzen die Zulieferer eine monopolähnliche Stellung, können sie in den Verhandlungen die Ergebnisse nahezu diktieren. Dies gilt verschärft, wenn es für die zu beschaffenden Güter keine oder nur wenige Substitute gibt oder wenn eine Technologiebindung z. B. in der Produktion besteht. Eine gute Rendite ist bei starken Lieferanten für die herstellenden Unternehmen nur schwer zu erzielen und der Markt ist weniger attraktiv.

Je mehr unterschiedliche Zulieferer im Markt für die strategischen Beschaffungsgüter vorhanden sind, umso geringer ist die Lieferantenmacht. Auch die branchenfremden Kunden der Zulieferer sollten betrachtet werden. Wie wichtig sind die Verträge und Umsätze mit dem eigenen Unternehmen und im eigenen Markt für die Zulieferer? Zählt das eigene Unternehmen bzw. die eigene Branche zu den strategisch wichtigen Kunden? Sollten die Lieferanten eine stark diversifizierte Kundschaft aufweisen, hängt ihr Überleben nicht am Fortbestand der Geschäftsbeziehungen zu einem einzelnen Unternehmen ab und sie können in Verhandlungen selbstbewusst auftreten. Ist hingegen die Zuliefererindustrie komplett auf eine Abnehmerbranche eingestellt und auf diese angewiesen, gilt der gegenteilige Effekt.

Die Verhandlungsposition der Zulieferer wird noch mächtiger, wenn diese im Zuge der Vorwärtsintegration ihre Wertschöpfungskette auf die Geschäftstätigkeit des eigenen Unternehmens ausweiten – aus dem Zulieferer wird somit ein Wettbewerber mit Insiderwissen und die Beziehung kann sich sehr konfliktreich entwickeln. Teilweise müssen die Waren dennoch weiter bezogen werden, etwa aufgrund vertraglicher Verpflichtungen oder weil erst adäquater Ersatz gefunden wurden muss.

Starke Lieferanten können allerdings auch durch die Option der Rückwärtsintegration geschwächt werden, indem die Bezieher selbst den Konkurrenten eines strategischen Lieferanten übernehmen. Damit wird das bislang bestehende Lieferantenverhältnis aufgelöst und das neue Tochterunternehmen geht als gestärkter Konkurrent in den Markt des Lieferanten.

Als zusätzlicher Aspekt zur Porterschen Analyse soll der Innovationsgrad der Lieferanten hinzugezogen werden: Innovative Lieferanten haben eine große Attraktivität für Hersteller, tragen sie doch in vielen Märkten wesentlich zur Differenzierung der eigenen Produkte bei. In Märkten mit schnellen Technologiezyklen haben innovative Lieferanten eine große Marktmacht. Gibt es nur einen Anbieter, der innovative Technologien zum Beispiel im Bereich der Handydisplays anbietet, so ist seine Verhandlungsmacht entsprechend groß.

Für die Analyse der Dimension „Lieferanten“ sollten folgende Fakten erfasst werden:

  • Lieferanten für die wichtigsten strategischen Beschaffungsgüter (A-Güter),
  • Anzahl der Lieferanten im Markt und Marktanteil der Top-Lieferanten,
  • Identifikation möglicher Substitute für die strategischen Beschaffungsgüter,
  • Lieferanteil der Güter in der Branche in Relation zum gesamten Marktvolumen der Güter,
  • Beobachtung der Geschäftsmodelle der Lieferanten bezüglich der Vorwärts-/ Rückwärtsintegration,
  • Bewertung des Innovationsgrades der Lieferanten,
  • Beobachtung der Partnerschaften und Akquisetätigkeiten der strategischen Lieferanten.

Verhandlungsmacht der Kunden

Die Betrachtung der Verhandlungsmacht der Kunden zeigt Parallelen zur Analyse der Lieferantenstrukturen. Je höher die Marktmacht der Kunden ist, desto geringer wird die Profitabilität der Industrie ausfallen. Die Verhandlungsmacht der Kunden steigt natürlich mit der Konzentration auf Kundenseite. Sind nur wenige Kunden(-gruppen) adressierbar oder vorhanden und Ausweitungen der Zielgruppen nicht möglich, macht das eine Branche weniger attraktiv. Je mehr unterschiedliche Abnehmer vorhanden sind, desto geringer ist die Verhandlungsmacht der einzelnen Kunden.

Je informierter Kunden sind, umso höher ist ihre Verhandlungsmacht. Da sie die Wettbewerbsangebote sehr gut kennen, können sie aus einer Position der Stärke heraus argumentieren. Dies gilt natürlich vor allen Dingen für Produkte und Services, bei denen eine hohe Markttransparenz besteht und der Angebotsvergleich relativ einfach ist. Die Verhandlungsmacht der Kunden steigt auch, wenn neue Vertriebskanäle entstehen und durch die neuen Handels- / Absatzkanäle Bewegung in die Marktstrukturen (z. B. hinsichtlich Pricing und Services) kommt.

Sinkt die Nachfrage in einem Markt, wächst typischerweise die Marktmacht der verbleibenden Kunden, da sich der Wettbewerb unter den Anbietern verschärft und die Angebotsflexibilität somit steigt. Eine sinkende Nachfrage kann beispielsweise durch einen Geschmacks- oder Technologiewechsel bei den Kunden induziert sein. Märkte, auf denen systemische Bindungen der Kunden an wenige Anbieter aufgrund von Technologien oder Systeme (Lock-In-Effekt) bestehen, sind für die Unternehmen attraktiv. Mächtige Kunden können unter Umständen wie bei den Lieferanten mit der Rückwärtsintegration drohen. Dies gilt natürlich vor allen Dingen im Business-to-Business-Geschäft.

(Als Lock-In-Effekt bezeichnet man in bestimmten Branchen die enge Bindung eines Kunden an einen Hersteller. Sobald sich der Kunde für dessen Produkte entschieden hat, wie z. B. für ein Apple-Gerät, kann der Kunde nur noch Software für Apple-Computer verwenden. Hier besteht eine Lock-In-Beziehung.)

Für die Analyse der Dimension „Kunden“ sollten folgende Fakten erfasst werden:

  • Konzentrationsgrad der Kunden (Anzahl der Kunden/ Umsatz der Branche),
  • Nachfragestärke der Kunden über den Zeitverlauf,
  • Tendenz zur Rückwärtsintegration bei (Groß-)Kunden,
  • Partnerschaften und Akquisitionstätigkeit der Kunden,
  • Markttransparenz für die Kunden,
  • Stabilität der Absatzverteilung über die Vertriebskanäle,
  • Trend zu Geschmacks-/ Produkt- / Systemwechsel der Kunden,
  • Lock-In-Effekte / Durchdringung der Geschäftsmodelle von Systemanbietern.

Komplementäre: Ergänzungen des eigenen Produktangebots durch Coopetition

Die Gruppe der Komplementäre war im ursprünglichen Modell von Porter nicht enthalten. In den komplexer werdenden Branchenstrukturen kann die Frage, ob und inwieweit das Produktangebot eines Unternehmens mit den Offerten von Wettbewerbern komplementär ist, einen wesentlichen Einfluss auf die Machtverhältnisse ausüben.

So sind verschiedene Fluglinien wie Lufthansa und Air France zwar für viele Flugstrecken Wettbewerber, dennoch ist es wichtig, bei einzelnen Verbindungen wie z. B. New York – Cannes eine komplementäre Beziehung einzugehen, so dass der Kunde durch diese fallbezogene Kooperation einen Vorteil hat.

Nicht umsonst gibt es inzwischen in der Flugindustrie strategische Allianzen, um genau diese Kooperationsvorteile zu nutzen. Diese Modelle werden mit dem Begriff der Coopetition (Vgl. Brandenburger, Nalebuff (1997)) bezeichnet. Darunter versteht man Szenarien, bei denen der Wettbewerber auch gleichzeitig Kooperationspartner des Unternehmens ist. Gerade in B2B-Märkten ist es nicht selten anzutreffen, dass Wettbewerber in einem Marktsegment gleichzeitig Kunden des gleichen Unternehmens in einem anderen Geschäftsfeld sind. Dabei muss es sich bei den Komplementären nicht um Angebote im gleichen Produktsegment handeln, auch unterschiedliche Komponenten oder Marktsegmente können betroffen sein.

Ein bekannter Fall einer Coopetition ist das Beziehungsgeflecht zwischen Suchmaschinenanbietern (z. B. Google) und den Medienhäusern (z. B. Spiegel Online). Die Medienhäuser erlauben den Suchmaschinenanbietern ihre Inhalte zu crawlen / indexieren, obwohl beide Anbieter im Wettbewerb um Reichweite und Werbeeinnahmen stehen. Aber durch die Marktmacht der Suchmaschinen erhalten auch die Medienhäuser viele Zugriffe, so dass es zu einer Coopetition kommt.

Zu Coopetition zählt auch, wenn die Wettbewerber die gleichen Produkte anbieten, allerdings nicht auf dem gleichen (Länder)märkten agieren – hier entstehen nahezu strategische Allianz zwischen Konkurrenten, um den Weltmarkt zu teilen – was allerdings wettbewerbsrechtlich verboten ist.

Für die Analyse der Dimension „Komplementäre“ sollten folgende Fakten erfasst werden:

  • Welche Komplementäre können zu einer Attraktivitätssteigerung in unserem Markt führen?
  • Welche Bedeutung hat unser Markt für die Komplementäre?
  • Wie ist die Marktattraktivität aus ihrer Sicht?
  • Gibt es neue Komplementäre auf dem Markt?
  • Haben sich die Markteintrittsbarrieren für die Komplementäre verändert?
  • Hat sich die Situation für die Komplementäre verändert bzw. wird sie sich auf absehbare Zeit ändern?

Zusammenfassung der Analyseaspekte

Das von Porter entwickelte und später erweiterte Analyseraster der Branchenkräfte kann verwendet werden, um eine Risikoabschätzung für die eigene Branche vorzunehmen. Aus den Fragestellungen können Indikatoren für die Chancen- / Risikeneinschätzung abgeleitet werden, um im Unternehmen ein Frühwarnsystem zu etablieren. Je höher die Risiken in den Dimensionen sind, desto unattraktiver kann der Markt werden. Je freier und selbstbestimmter das eigene Unternehmen in der Branche ohne Berücksichtigung der verschiedenen Akteure agieren kann und je abhängiger die Marktpartner vom eigenen Unternehmen sind, umso attraktiver ist der Markt.

Risikenanalyse der Branche

Die Abbildung zeigt ein Anwendungsbeispiel für das Porter-Modell für die Elektromotoren-Branche. Die Perspektive der Analyse kann dabei entweder gegenwarts- oder zukunftsgerichtet sein.

Dabei ist folgende Vorgehensweise empfehlenswert:

  1. Betrachtung der Wirkdimensionen und der detaillierten Analysefaktoren.
  2. Bewertung und Gewichtung der Stärken der einzelnen Faktoren.
  3. Bewertung der Erkenntnisse bezüglich des Bedrohungs- bzw. Chancenpotentials für das eigene Unternehmen.
  4. Ableitung von Handlungsstrategien aus den Analyseergebnissen: Reaktionen auf mögliche Schritte der Wettbewerber; Beeinflussung der Marktkräfte durch proaktive Maßnahmen auf den verschiedenen Handlungsebenen.
Beispiel zur Anwendung des Modells von Porter

Während Porter das Modell ursprünglich zur Wettbewerbsanalyse aus der Sicht des eigenen Unternehmens konzipiert hat, kann es auch allgemein zur Abschätzung der Attraktivität und der Profitabilitätsaussichten unterschiedlicher Märkte, Marktsegmente, Branchen und Industrien eingesetzt werden. Zwar werden in diesem Modell Lebenszyklen und Marktdynamiken sowie die Größe des Marktes vernachlässigt, diese Faktoren können jedoch auch in der Analyse der Umweltbedingungen beziehungsweise in den Wertekettenanalysen detailliert betrachtet werden.

Die Analyse nach Porter ist für Unternehmen hilfreich, die industrielle Strukturen besitzen. Dienstleistungsorientierte Unternehmen und Unternehmen, die auf B2C-Märkten agieren, müssen gegebenenfalls weitere Variablen oder alternative Analysen durchführen.

Eine zentrale Kritik des Porterschen Modells ist neben der fehlenden Marktgrößen-Betrachtung auch die mangelnde Berücksichtigung der Marktdynamik. Die nachfolgend vorgestellten Modelle erweitern das Framework von Porter in diesen Dimensionen.

3.2 Marktframework nach Baaken

Eine alternative Analysestruktur, insbesondere für Neugründungen im technologischen Bereich, stellt Baaken vor. Sein Ansatz zur Marktanalyse zielt weniger darauf ab, Bedrohungen zu ermitteln, als vielmehr attraktive Märkte zu identifiziert (Vgl. Baaken (1989) S. 72 ff.).

Die Marktbewertung erfolgt hier entlang von zwei Dimensionen:

  1. Der Attraktivität der Märkte und
  2. der möglichen eigenen Position im Wettbewerb.

Auch dieses Modell basiert auf der Analyse mehrerer Einzelfaktoren zur Bestimmung der Marktattraktivität.

Faktoren zur Bestimmung der Marktattraktivität nach Baaken

Die Attraktivität der Märkte wird beim Modell von Baaken durch sechs Faktoren beeinflusst:

  • Die Attraktivität ist unmittelbar durch das Wachstum des Marktes bestimmt. Welche Faktoren das Marktwachstum induzieren und die Attraktivität stimulieren, kann der Abbildung entnommen werden. Da Märkte in einem frühen Stadium des Lebenszyklus häufig eine geringe Konkurrenz aufweisen und auch die Risiken für Ersatzprodukte verhältnismäßig gering sind, gelten solche Märkte als attraktiv.
  • Der zweite Einflussfaktor zur Bestimmung der Marktattraktivität ist ein geringes Absatzrisiko. In einem Markt mit guten Vertriebsmöglichkeiten und einer weitgehenden konjunkturellen Unabhängigkeit der Nachfrage ist eine hohe Marktattraktivität gegeben.
  • Als dritte Determinante hat die Marktgröße einen Einfluss auf die Marktbewertung. Die Nische, in die das Unternehmen stoßen will, sollte ein ausreichend großes Volumen haben, um attraktiv für das Unternehmen zu sein. Der Markt muss hinreichend groß sein und die Wettbewerbssituation ausreichend Platz bieten, damit das eigene Unternehmen einen zufriedenstellenden Marktanteil erreichen kann.
  • Als vierte Variable wird die Attraktivität des Zuliefermarktes Geringe Risiken von Preissteigerungen sollten mit einer hohen Versorgungssicherheit bei kaum vorhandenen Abhängigkeiten einhergehen. Im Idealfall gibt es eine Vielzahl von Anbietern. Schnelle technologische Entwicklungen auf dem Zulieferermarkt können auch die Kosten der Schlüsselressourcen für die eigene Produktion senken.
  • Der fünfte Einflussfaktor ist die Bedeutung der Barrieren für den Markteintritt. Ein Markt, in dem es für Newcomer einfach ist, Bestandskunden etablierter Unternehmen abzuwerben, weil die Kundenloyalität gering ist, ist attraktiver für den Einstieg. Intensive bestehende Geschäftsbeziehungen zwischen am Markt etablierten Unternehmen und ihren Kunden stellen dagegen eine Barriere dar. Im Bereich innovativer, technologischer Neuentwicklungen ist auch das Vorhandensein von Early Adoptern (frühe Anwender der neuen Technologie) im Kundensegment essentiell. Ebenso kann eine preissensitive Kundengruppe den Neueinstieg attraktiv machen, da bei dieser Zielgruppe durch eine Penetrationspreisstrategie der Wechsel zum eigenen Unternehmen wahrscheinlicher wird.
  • Als sechster Aspekt wird die Wettbewerbssituation Ein auf Qualität und Differenzierung ausgerichteter Wettbewerb ist für andere Geschäftsmodelle interessanter als ein preisaggressiver Wettbewerb. Auch Anzahl und Größe der Wettbewerber bestimmen die Attraktivität. Für den Neueinstieg werden Märkte mit wenigen, kleinen Wettbewerbern als attraktiver bewertet.

Nach Baaken ist das Ergebnis der Analyse aber nicht allein von der (angetroffenen) Marktstruktur abhängig, sondern muss vor dem Hintergrund der eigenen Wettbewerbsposition beurteilt werden siehe Abbildung).

Die Beurteilung der eigenen Wettbewerbsposition erfolgt nach folgenden Faktoren:

Bewertung der relativen Wettbewerbsposition nach Baaken

Vgl. Baaken (1989) nach Spohn (2004) S. 73.

Zunächst sollte der eigene potentielle Marktanteil und dessen Wachstumspotenzial abgeschätzt werden, und zwar als erreichbarer, relativer Marktanteil innerhalb einer bestimmten Produktpalette oder bezogen auf den gesamten Markt.

Im zweiten Schritt werden die Stärken des eigenen Unternehmens und sein Potential, im jeweiligen Markt erfolgreich zu sein, betrachtet. Wichtige Stärken für Neueinsteiger sind die große Bereitschaft, Neues zu lernen, bereits bestehende gute Beziehungen zu Zulieferbetrieben, aber auch eine große Flexibilität in der Beschaffungslogistik. Weitere Stärken können ein effizientes Marketing, ein starkes Vertriebsteam und eine herausragende Servicepolitik sein.

Die Produktpalette sollte auf Synergieeffekte bei Beschaffung, Produktion und Vertrieb ausgerichtet werden und den Kunden einen effektiven Vorteil verschaffen. Die Identifikation der Zielgruppen mit dem Produkt, der Aufbau einer starken Marke oder eine sehr gute Wiedererkennbarkeit etablieren enge Kundenbeziehung.

In der nächsten Stufe sind die Stärken der eigenen Produkte, ihre Funktionen und besondere Eigenschaften in den Fokus der Betrachtung zu rücken. Anwendungsnähe für die Kunden und attraktive zusätzliche Features, aktueller Stand der Technik und Zuverlässigkeit sind wichtige Produktausprägungen. Die Stärke des Produktes kann auch darin liegen, den spezifischen Bedürfnissen verschiedener Zielgruppen gerecht zu werden und diese davon zu überzeugen. Weitere Aspekte wie niedrige Integrations- und Betriebskosten der Kunden spielen bei der Beurteilung der relativen Wettbewerbsposition auch eine Rolle.

Um die Erfolgswahrscheinlichkeit des Einstiegs in einen neuen Markt zu evaluieren, werden die untersuchten Eigenschaften und Faktoren in einer Matrix abgebildet, in der die Marktattraktivität und die zu erwartende Wettbewerbsposition abgetragen werden. Dabei sollten in der Matrix die Märkte für den Markteintritt ausgewählt werden, die eine möglichst hohe Attraktivität besitzen und bei denen die Wahrscheinlichkeit zur Erreichung einer guten Wettbewerbsposition am größten ist.

Das Baaken-Modell berücksichtigt weder Kapazitätsauslastungen und Im- / Exportverhältnisse noch Umfeldveränderungen oder die Kapitalintensität einer Branche. Die Strategieforschung und die empirische Wirtschaftsforschung weisen zudem deutlichere Zusammenhänge zwischen den ökonomischen Wirtschaftszyklen, den Marktgrößen/ -anteilen und den Unternehmenserfolgen nach. Das Marktwachstum scheint zumindest für Start-ups eine nachgeordnete Rolle bei der Beurteilung der Marktattraktivität zu spielen. Allerdings scheint der Einstieg in einer frühen Stufe des Lebenszyklus einer Industrieentwicklung signifikant für den Erfolg der Unternehmen zu sein, da sie langfristig von diesem Wettbewerbsvorteil profitieren. Weitere wichtige Einflussfaktoren sind demnach die Marktgröße, der Zugang zu den Distributionskanälen und die Möglichkeiten der Marktstimulierung. Die Branche scheint insgesamt einen sehr großen Einfluss auf die Rentabilität der Unternehmen zu haben (Vgl. Spohn (2006) S. 20.).

Bestimmung der Erfolgswahrscheinlichkeit eines Markteintritts nach Baaken

Spohn (2004) S. 73

3.3 Framework nach Hinterhuber

Ein verwandtes Modell für die Industriestrukturanalyse wurde von Hinterhuber entwickelt(Vgl.  Hinterhuber (1995)). In diesem Schema werden die Industriestruktur und die Umweltfaktoren in drei zentralen Analysekategorien erfasst:

Zur Analyse der soziopolitischen, wirtschaftlichen und technologischen Entwicklungen gehören:

  • Betrachtung der internationalen und der nationalen wirtschaftlichen Strukturen sowie der politischen Einflüsse auf die nationale Wirtschaft.
  • Politische Eingriffe in die Wirtschaft z. B. über Subventionen oder (De-)Regulierung.
  • Entwicklungen der politischen und soziodemographischen Rahmenbedingungen, z. B. in den Bereichen Umweltschutz, Demographie oder Arbeitsmarkt.
  • Allgemeine technologische Entwicklungen, die für aktuelle oder zukünftige Märkte, in denen das Unternehmen agiert, von Bedeutung sind.

Die Analyse der Industriestruktur umfasst in diesem Schema:

  • Die Nachfragesituation für die produzierten Waren oder Dienstleistungen (Bedarfe am Markt, Nachfragestabilität, Marktlebenszyklus, Marktwachstum, Marktsegmentierung, Kundenmacht).
  • Die Angebotssituation der entsprechenden Waren und Dienstleistungen (Kapitalbedarf der Branche, Arbeitskosten, Materialkosten, Liefersicherheit, Absatzkanäle, Besteuerung, Lieferantenmacht).
  • Die Wettbewerbssituation (Anzahl und Größe der Wettbewerber, Bedrohung durch neue Wettbewerber und Substitute, Regulierungen, Verbünde von Wettbewerbern).
  • Schlussfolgerungen aus diesen beiden Betrachtungsperspektiven: Erstellung einer Profit- und Wachstumsprognose sowie Erhaltung der kritischen Erfolgsfaktoren.

Die Feststellung der Position des Unternehmens am Markt besteht aus den folgenden Analyseschritten:

  • Analyse der aktuellen Position des eigenen Unternehmens (relativer Marktanteil, Angebotsqualität, USP, Kernkompetenzen, Innovationspotential).
  • Kostenstruktur des Unternehmens.
  • Analyse des Wettbewerbs (Identifikation stärkster Wettbewerber, Benchmarking, Wettbewerbsstrategie, Stärken-/ Schwächen-Analyse, Reaktionsprofil des Wettbewerbs).
  • Spezifische Wettbewerbsvorteile des eigenen Unternehmens (z. B. besondere Finanzstärke).
  • Schlussfolgerungen (Feststellung der kritischen Erfolgsfaktoren des eigenen Unternehmens).

In diesem Schema geht es nicht nur darum, Daten zu sammeln, vielmehr steht die kritische umfeld- und unternehmensbezogene Interpretation dieser Daten im Vordergrund. Die schematische Reduktion der Wettbewerbsumwelt ermöglicht dabei die einfachere, pragmatische Implementierung des Systems in die alltägliche Industriestrukturanalyse.

3.4 Integration der Branchenstrukturanalyse in strategische Entscheidungen

Zum Schluss sollen die Ergebnisse der Branchenstrukturanalyse in den Prozess der strategischen Entscheidung integriert werden. Im Rahmen der Entwicklung einer (Wettbewerbs-)Strategie muss zunächst auf Basis der Markt-, Unternehmens- und Wettbewerbsanalyse die Entscheidung getroffen werden, auf welchem Markt agiert werden soll.

Im nächsten Schritt sollte die Position in der Wertschöpfungskette gewählt werden, die die höchsten Margen und damit den größten Erfolg verspricht, bevor das attraktivste Kundensegment gewählt wird. Nach Putsis ist es eine der wichtigsten strategischen Entscheidungen, das erfolgversprechendste Marktsegment für das eigene Unternehmen auszuwählen (Vgl. Putsis (2014) S. 72 ff.). Alle folgenden Schritte hängen von dieser ersten Entscheidung ab.

In der nächsten Stufe geht es um die Entscheidung über das Wie der strategische Marktbearbeitung mit der konkreten Ausgestaltung des Marketing-Mix.

Strategische Entscheidungsstufen im Markt- und Wettbewerbskontext
Vgl. Putsis (2014) S. 72.

4. Der Marktbericht: Ergebnisse kommunizieren

Nachdem in Teil 1 und 2 des Leitfadens der Marktanalyse die Einzelfakten zur Bewertung und Analyse der Märkte vorgestellt wurden, muss für die Entscheidungsträger ein Marktbericht zusammengestellt werden. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Kerninhalte, die entlang von Kernfragen über den Markt ermittelt werden.

Viele der Kernfragen beschäftigen sich mit der Einschätzung der Marktgröße des anvisierten Marktes, heruntergebrochen auf die wichtigsten Marktsegmente und ergänzt um die Größenangaben der Substitutsmärkte. Neben diesen quantitativen Aspekten spielen die Marktentwicklungen eine große Rolle: Dies sind neben den Markttrends und der Erkennung der wichtigsten marktbestimmenden Faktoren auch die Abschätzung der künftigen Marktentwicklung und die Bestimmung der Marktpotentiale.

Elemente eines Marktberichts

Zur Beantwortung der Kernfragen können die Bausteine des Marktberichts modular kombiniert werden. Der Marktbericht wird zumeist jahresbezogen erstellt.

Die quantitativen Marktgrößen werden in der Regel auf Segmentebene in ihrer Entwicklung in einer Zeitreihe dargestellt, die Marktdynamik durch die prozentuale Veränderung der Marktgrößen von Jahr zu Jahr. Im Marktpotential wird das künftige Marktvolumen ermittelt, indem der Status im Lebenszyklus festgestellt und das bisher nicht geschöpfte Potenzial über Marktforschung erhoben wird. Mit Hilfe weiterer Analysen über den Zustand der Branche werden die Marktkräfte identifiziert und Entwicklungstrends ermittelt.

Auf Basis dieser Fakten werden verschiedene Analyseverfahren angewendet. Handelt es sich um einen Markt, auf dem das Unternehmen bereits aktiv ist, stellt sich in der Regel die Frage nach den Aktivitäten der Zukunft. Die Ist- und Soll-Position des eigenen Portfolios kann über entsprechende Portfolioanalysen identifiziert werden.

In der Gap-Analyse kann der Handlungsbedarf zur Zielerreichung festgestellt werden, darüber hinaus können als Strategieoptionen mögliche Wachstumsstrategien bewertet werden.

Wird in dem Marktbericht ein neuer Markt analysiert, in den ein Unternehmen eintreten möchte, werden sehr häufig zusätzliche Marktattraktivitätsanalysen durchgeführt und mögliche Markteintrittsstrategien bewertet.

Gap-Analyse der wahrscheinlichen Zielerreichung und Wachstumsstrategien nach Ansoff
Amann, Petzold (2014) S. 75

5. Wichtige Informationen bewahren

Eine der größten Herausforderungen in den Unternehmen ist die Archivierung der Marktinformationen. Da die Marktanalyse auf einer Vielzahl heterogener Quellen beruht, entzieht sich die Faktenbasis häufig einer systematischen Speicherung in Datenbanken. In vielen Unternehmen werden die Ergebnisse der Analysen und die Dokumentationen der Entscheidungen in Office-Dokumenten abgelegt. Doch leider sind somit die Informationen der leichten Auswertung für künftige Analysen entzogen.

Die Überführung der Faktenbasis und Analyseergebnisse in eine zentrale Marketing Intelligence Plattform wie dem MARKTRADAR wäre für die Weiterverarbeitung und die Bildung eines organisationalen Gedächtnisses zu empfehlen. Nach der Einführung in die Marktanalyse wird im nächsten Kapitel mit dem Wettbewerb das nächste wichtige Analyseobjekt der Marketing Intelligence betrachtet.

Lesen Sie auch Teil 1 unseres Leitfadens Marktanalyse. In Teil 1 führen wir Sie in das quantitative Marktprofil ein mit Methoden zur Bestimmung des Marktvolumens, der Marktprognose und der wettbewerblichen Marktanteile.